Stadt sucht Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer

Jedem von uns kann es passieren: Ein Unfall, eine Krankheit oder etwa psychische Einschränkungen können dazu führen, dass wir unsere rechtlichen Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst regeln können. In diesen Fällen kommen sogenannte Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer zum Einsatz.

Daher sucht die Stadt Kassel Interessierte, die sich für volljährige Menschen einsetzen wollen, die Unterstützung benötigen.

"Es ist durchaus verständlich, dass man den Gedanken an Hilfebedürftigkeit oder Verlust der Geschäftsfähigkeit verdrängt, aber auch junge Menschen können etwa durch einen Unfall in eine solche Situation kommen. Gibt es keine vorsorgerechtlichen Verfügungen, ist das Einrichten einer rechtlichen Betreuung erforderlich", sagt Sozialdezernent Dr. Norbert Wett.  "Häufig können die rechtlichen Angelegenheiten Betroffener nicht mehr durch Familienangehörige auf ehrenamtlicher Basis übernommen werden. Es gibt auch immer mehr Menschen, die keine Angehörigen haben, so dass es die Aufgabe der Betreuungsbehörde in Kooperation mit dem Betreuungsgericht ist, geeignete Betreuerinnen und Betreuer zu finden."

Aufgrund steigender Betreuungsfälle ist der Bedarf groß. Grund dafür ist unter anderem der demographische Wandel. "Aber auch die Tatsache, dass immer mehr Menschen keine Kinder haben oder diese weiter weg wohnen, macht die Suche nach Berufsbetreuenden so dringlich. Daher machen wir als Stadt Kassel jetzt im gesamten Stadtgebiet mit einer Plakataktion auf die Möglichkeit aufmerksam, Berufsbetreuerin oder Berufsbetreuer zu werden. Dabei nehmen wir die Interessierten an die Hand, bieten ein umfassendes Beratungsangebot durch die Betreuungsbehörde", erläutert Anja Deiß-Fürst, Leiterin des Sozialamtes der Stadt Kassel.

Die Aufgaben

Was Betreuerinnen und Betreuer zu tun haben, regelt das Betreuungsrecht. Allgemein gesagt unterstützen sie volljährige Personen mit Krankheiten oder Behinderungen. Die Betreuung selbst sowie der Umfang der gesetzlichen Betreuung wird vom Amtsgericht festgelegt, wobei genau ermittelt wird, was die oder der Betreute noch selbst erledigen kann. Die Betreuung wird also nur für genau definierte Aufgabenbereiche eingerichtet.

"Es handelt sich um eine abwechslungsreiche und verantwortungsvolle Tätigkeit, mit der man eine Einzelperson konkret unterstützt und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leistet", so Wett. "In einer Weiterbildung lernen die Interessierten, wie sie die betreuten Erwachsenen beraten, unterstützen oder sogar vertreten, wenn es um rechtliche Angelegenheiten geht", erläutert Heiko Butterweck, Leiter der Betreuungsbehörde der Stadt Kassel. "Dabei geht es beispielweise um behördliche Angelegenheiten wie etwa Anträge auf Sozialleistungen stellen, die Bearbeitung der persönlichen Post oder auch die Regelung gesundheitlicher und finanzieller Angelegenheiten."

Die Aufgabenbereiche kommen aus den Themenfeldern Gesundheit, Vermögen, Wohnen und Behörden. Zur "Gesundheit" zählt etwa die Sicherstellung der ärztlichen Behandlung, Beauftragung von Pflegediensten, das Einleiten von Rehabilitations­maßnahmen oder für ausreichenden Schutz durch eine Krankenversicherung zu sorgen.

Zum Themenfeld "Vermögen" zählt die Geltendmachung der Renten, Sozialhilfe oder Einkünfte, die Schuldenregulierung, die Regelung von Erbangelegenheiten sowie die Verwaltung von Vermögen und Finanzen. Im Bereich "Wohnen" werden etwa unter anderem die Prüfung der Heim- oder Mietverträge zusammengefasst. Zudem unterstützen Beterinnen und Betreuer beim Umgang mit Behörden, der Beratung bei Anträgen sowie der Ermittlung und Durchsetzung von Ansprüchen.

Praktische Alltagshilfen wie Einkaufen oder Fahrdienste gehören nicht zu ihren Aufgaben. Die Betreuerinnen und Betreuer können aber die betreuten Personen bei der Organisation einer individuellen Versorgung unterstützen.

Die Weiterbildung

Der Job als Berufsbetreuer oder Berufsbetreuerin ist kein klassischer Ausbildungsberuf. Seit Januar 2023 müssen Neueinsteiger einen sogenannten Sachkundenachweis als Berufsbetreuerin oder Berufsbetreuer erlangen.

Dies geschieht über einen Weiterbildungslehrgang mit 270 Unterrichtseinheiten bei zertifizierten Anbietern. Themen der Module sind dabei unter anderem

rechtliche Grundlagen (etwa das Betreuungsrecht sowie Sozialrecht), Kenntnisse auf dem Gebiet der Personensorge, Kenntnisse auf dem Gebiet der Vermögenssorge und Kommunikation und Konfliktmanagement.

"Sinnvoll ist es, wenn sich die Interessierten im sozialrechtlichen und gesundheitlichen Hilfesystem in Kassel und Umgebung auskennen. Ein sensibler und emphatischer Umgang mit den individuellen Krankheitsbildern der Betroffenen wäre wünschenswert", so Butterweck.

Juristinnen und Juristen (2. Staatsexamen) sowie Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen können bei persönlicher Eignung ohne einen gesonderten Sachkundenachweis sofort als Berufsbetreuende registriert werden.

Eine Beratung sowie eine aktuelle Übersicht der zertifizierten Weiterbildungsanbieter und weitere Informationen zum Thema Berufsbetreuung und ehrenamtliche Betreuung erhalten Bürgerinnen und Bürger bei der Betreuungsbehörde der Stadt Kassel. Per Mail an betreuungsbehoerdekasselde können individuelle und kostenlosen Beratungstermine vereinbart werden. Erste Informationen sind auch auf www.kassel.de/betreuungsrecht zusammengestellt.

Die Voraussetzungen und Registrierung

Interessierte müssen volljährig sein, ihren Wohnsitz in Kassel haben und die oben genannten Voraussetzungen erfüllen. Sie können einen Antrag auf Registrierung als Berufsbetreuerin oder Berufsbetreuer bei der Betreuungsbehörde der Stadt Kassel stellen.

Erforderliche Unterlagen sind unter anderem Nachweise über Berufsausbildung und Qualifikation, das polizeiliche Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde, die Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis sowie der Sachkundenachweis.

Hintergrund:

Unter dem Motto "Wünsch Dir was - Der Wunschbefolgungspflicht in der betreuungsrechtlichen Praxis auf der Spur" findet am heutigen Mittwoch, 13. Dezember, der Betreuungsgerichtstag Mitte im Kasseler Rathaus statt. Dabei wird dem Fachpublikum die im reformierten Betreuungsrecht konkretisierte Wunschbefolgungspflicht nähergebracht. Sie ist darauf ausgerichtet, das Selbstbestimmungsrecht von betreuten Menschen zu stärken und sie dabei zu unterstützen, im Rahmen ihrer jeweiligen Möglichkeiten ihr Leben nach eigenen Wünschen zu gestalten.

Erläuterungen und Hinweise

Glossar

Hilfe-Bedürftigkeit (Hilfe-bedürftig, hilfsbedürftig, Hilfebedürftigkeit)

Hilfe-Bedürftigkeit (Hilfe-bedürftig, hilfsbedürftig, Hilfebedürftigkeit)

Das bedeutet:
Eine Person braucht Hilfe.
Sie hat nicht genug Geld zum Leben.
Sie kann nicht gut alleine leben.

Führungszeugnis (Führungs-Zeugnis)

Führungszeugnis (Führungs-Zeugnis)

Das ist eine Urkunde.
Darin steht:
Diese Person wurde schon einmal bestraft.
Weil sie ein Gesetz nicht beachtet hat.
Das nennt man vor-bestraft.

Oder in der Urkunde steht:
Diese Person hat keine Vor-Strafen.

Bildnachweise

  • Stadt Kassel; Foto: Simone Scharnke