Hauptbahnhof

Der Bahnhof führte ursprünglich die Bezeichnung "Bahnhof Cassel - Oberstadt". Erst wesentlich später - möglicherweise nach Änderung der Schreibweise des Stadtnamens von "Cassel" in "Kassel" - wurde daraus "Bahnhof Kassel Hauptbahnhof".

Gründerzeitlicher Bau
Komplette Anlage des Bahnhofs

Planung und Lob

Fortschrittlich war es schon für die damalige Zeit, den neuen Bahnhof als Gemeinschaftsbahnhof der beteiligten Eisenbahngesellschaften durch die Kurfürstliche Regierung planen zu lassen. "Cassel" erhielt damit einen der ersten "Hauptbahnhöfe" in Deutschland überhaupt und entwickelte sich früh zum bedeutenden Eisenbahnknoten- und Verwaltungsmittelpunkt. 1852 begannen die Arbeiten auf dem heutigen Gelände nach einem Entwurf Gottlob Engelhards.

Der Kasseler Hauptbahnhof wurde 1856 am heutigen Standort vollendet. Vor dem Baubeginn standen vier verschiedene Varianten für den Standort zur Diskussion:
1. Standort wie heute
2. Standort am Möncheberg (zwei Varianten)
3. Standort im Auefeld in der Nähe des Holländischen Tores (günstig für das Militär


Der Querbahnsteig

Kritik und der Querbahnsteig

Die Kritiker monierten die Lage des Bahnhofs in einem Berghang des Tannenwäldchens, dessen Planierung einen wesentlichen Faktor der Baukosten ausgemacht hatte. Ferner wurden als Unbequemlichkeit die langen Wege für die umsteigenden Reisenden erkannt. Der Bahnhof lag damals außerhalb des Stadtzentrums. Im Gebäude selbst war bis 1920 der Querbahnsteig in die Bahnsteigsperren mit einbezogen. Erst danach wurden die Sperren vor die Bahnsteige verlegt. Heute ist der Bahnsteigbereich gegenüber dem Querbahnsteig durch eine Glaswand abgetrennt.


Geschäfte im Hauptbahnhof

Zahlen aus der Statistik

1913: Im Jahr werden 1.756.468 Fahrkarten verkauft. Das entspricht 4812 Karten pro Tag. Auf der Ladestraße wurden jährlich 14.700 Wagenladungen bearbeitet.
1927: Die eigenständige Dienststelle "Fahrkartenausgabe" verkauft jährlich 2.535.127 Stück. Das entpricht 6945 Karten pro Tag.
1931: Im Jahr werden nur noch 1.725.688 Fahrkarten verkauft und 6700 Wagenladungen bearbeitet.
1932: Der Hauptbahnhof hat neben dem Bahnhofsoberinspektor als Dienstvorsteher weitere 313 Beschäftigte.


Bild vom Bahnhofsvorplatz aus

Umbau und Postversorgung

Nach den Umbauten von 1890 folgten weitere Arbeiten von 1911 bis 1913 nach Entwürfen des Regierungs- und Baurates Petri.

Die Gleisanlagen konnten nur nach Norden erweitert werden. Daher mussten die Gebäude der Nordseite abgerissen werden, an deren Stelle der Nordostflügel an das Empfangsgebäude angefügt wurde.

Nicht zu vergessen ist, dass auf der Südseite eine Überlademöglichkeit der verwundeten Soldaten aus dem Weltkrieg auf die Straßenbahn geschaffen wurde. Später wurde hier die Post auf die Kasseler Straßenbahn umgeladen, die an der Postversorgung der Stadtbezirke beteiligt war.


Blick auf den Vorplatz

Der Bahnhofsvorplatz

Seit dem Jahr 1920 standen auf dem Vorplatz des Bahnhofs große Bäume, die zur Verschönerung des Bahnhofs beitrugen.

Die Straßenbahn fuhr nur einige Meter am Bahnhof vorbei. Dadurch wurde den Reisenden und Bahnhofsbesuchern die Fahrt zur Innenstadt erleichtert.


Zeit der Nazi-Diktatur

In der Nazi-Diktatur hatte der Hauptbahnhof Anteil am Holocaust: Von hier aus wurden tausende Menschen, insbesondere Jüdinnen und Juden, nach Osten deportiert. Fast alle wurden ermordet. Außerdem war der Hauptbahnhof Umschlagplatz für Kriegsgerät und das Militär. Am 22. Oktober 1943 wurde der Hauptbahnhof durch einen Bombenangriff zu 75 Prozent zerstört. Nur der Nordflügel blieb unbeschädigt.


Empfangshalle vor der Zerstörung

Das Empfangsgebäude

Am 22. Oktober 1943 wurde das Empfangsgebäude komplett zerstört und nicht wieder aufgebaut. Das Foto zeigt die große Empfangshalle vor dem Bombenangriff.

Von 1954 bis 1961 wurde eine neue Empfangshalle gebaut.


Sitzungssaal im Südflügel

Der Sitzungssaal

Die nach der Zerstörung noch vorhandenen Restbauwerke auf der Südseite wurden zum Teil abgerissen oder wieder aufgebaut. In dem heute unter Denkmalschutz stehenden Südflügel befanden sich zu der Zeit ein Sitzungssaal und die Wohnung des Vorstehers. Nach dem Krieg wurde in dem Südflügel die Bahnpolizeiwache, die Betriebsküche und das Brief-, und Paketverladezentrum der Post untergebracht. 


Quellen

  • Bahnhofsdienstanweisungen von 1916 und 1932
  • Berger, Manfred: Historische Bahnhofsbauten, TRANSPRESS VEB VERLAG für Verkehrswesen Berlin 1988, Band III
  • Private Aufzeichnungen und Erinnerungen von Walter Dörsch und Harald Dölle