Bewegende Momente bei Danke-Veranstaltung

Im festlichen Rahmen versammelten sich am Samstag, 2. März, rund 150 Gäste – darunter zahlreiche ehemalige Gastarbeitende und deren Familienangehörige – im Bürgersaal, um gemeinsam die Leistungen und Verdienste der ersten Gastarbeitendengeneration zu feiern und zu würdigen.

v. l.: Teslihan Ayalp (Integrationsbeauftragte der Stadt Kassel), Oberbürgermeister Dr. Sven Schoeller und Bürgermeisterin Nicole Maisch.

In ihren Grußworten unterstrichen Oberbürgermeister Sven Schoeller und Bürgermeisterin Nicole Maisch die Bedeutung der Menschen, die zwischen 1955 und 1968 aus Italien, Griechenland, Spanien, der Türkei, Marokko, Portugal, Tunesien und dem ehemaligen Jugoslawien nach Kassel kamen. Sie würdigten den Beitrag dieser Menschen zur kulturellen Vielfalt und zur wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt. 

„Die Gastarbeitenden der ersten Generation haben mit ihrem unermüdlichen Einsatz sowie ihrer Hingabe maßgeblich zum Wohlstand und zur Vielfalt unserer Stadt beigetragen."

Oberbürgermeister Sven Schoeller und Bürgermeisterin Nicole Maisch

„Die Gastarbeitenden der ersten Generation haben mit ihrem unermüdlichen Einsatz sowie ihrer Hingabe maßgeblich zum Wohlstand und zur Vielfalt unserer Stadt beigetragen. Ihre Geschichten sind ein integraler Bestandteil unserer Stadtgeschichte. Die Veranstaltung ist eine bewegende Gelegenheit, Dankbarkeit und Anerkennung gegenüber den Menschen auszusprechen, die oft im Verborgenen Großes geleistet haben“, so Oberbürgermeister Sven Schoeller und Bürgermeisterin Nicole Maisch. 

Fazilet Karakas-Blutte, ehemalige Gesamtpersonalratsvorsitzende der Stadt Kassel, die selbst Kind einer türkischen Gastarbeiterfamilie ist, erzählte von den Herausforderungen der damaligen Generation und ordnete ihre Erlebnisse von damals ins heutige Zeitgeschehen ein. Anekdotisch schilderte sie zudem einige Geschichten aus ihrer Kindheit, die einen Einblick in das Ankommen und Leben der Familien in Deutschland boten und auch Erinnerungen bei den anderen Gästen hervorriefen. 

Unter der Moderation der städtischen Integrationsbeauftragten Teslihan Ayalp wurden so eine Vielzahl weiterer Geschichten illustriert, die zum gemeinsamen Erinnern einluden. „Die große Resonanz und die emotionale Atmosphäre zeigen, wie wichtig es ist, die Geschichten und Leistungen der Generation der ersten Gastarbeitenden zu würdigen und ihr Erbe für kommende Generationen zu bewahren“, so Ayalp.

Besonderer Höhepunkt der Veranstaltung war die musikalische Begleitung der Band NAWA (der Klang auf persisch), die alte Lieder der Gastarbeitenden wie „Fabrika“, ein Lied über die Sorgen und Träume einer Fabrikarbeiterin, oder das italienische Liebeslied „Kalinifta“ spielten. Zudem hatte das Amt für Chancengleichheit im Vorfeld der Veranstaltung alte Bilder und Videos eingesammelt, die das Leben der Gastarbeitenden und ihrer Familien zeigen. Jugendliche des gemeinnützigen Kulturvereins und Medienprojektes Streetbolzer e. V. machten daraus einen lebendigen Film für die Dankesveranstaltung. 

Dankes-Veranstaltung der Stadt Kassel für die erste Generation der Gastarbeitenden und deren Familienangehörige.

Hintergrund:

Die damalige Bundesrepublik Deutschland suchte mehr und mehr Arbeitnehmende, die im Land selbst nicht mehr zu finden waren. Daher schloss die Regierung am 20. Dezember 1955 mit Italien das erste Anwerbeabkommen ab. Es folgten Abkommen mit Griechenland und Spanien (1960), der Türkei (1961), Marokko (1963), Portugal (1964), Tunesien (1965) und dem damaligen Jugoslawien (1968). 

Wie viele Gastarbeitende nach Kassel kamen, lässt sich über Statistiken der Stadt Kassel nur schwer nachvollziehen. Sie zeigen lediglich die Personenanzahl nach Staatsangehörigkeiten. Wie viele dieser Menschen tatsächlich im Zuge der Anwerbung nach Kassel gekommen sind und wie viele möglicherweise aus anderen Gründen (etwa zum Studium) nach Nordhessen kamen, lässt sich nicht belegen. Das Einwohnermelderegister der Stadt Kassel führt etwa für 1957 185 Personen mit italienischer Staatsangehörigkeit, 18 mit spanischer Herkunft, sieben Personen aus Griechenland, fünf aus Marokko und 49 aus Jugoslawien. Da das Abkommen mit Jugoslawien erst 1968 geschlossen wurde, lässt sich noch schwieriger einschätzen, warum die Menschen in Kassel wohnten. 

Allerdings zeigen die Statistiken einen Zusammenhang mit den Abkommen. Denn 1960, im Jahr des spanischen Abkommens, stieg die Zahl der gemeldeten Personen mit spanischer Staatsangehörigkeit auf 267 (1959: 26; 1961: 624).