Unwetter: Arbeiten dauern an, Schäden gehen in die Millionen

Im gesamten Stadtgebiet sind immer noch die Nachwehen des Unwetters vom 22. Juni zu spüren. Auch vier Wochen nach dem Ereignis wird weiter repariert und aufgeräumt.

Die Tischbeinstraße in Kassel stand unter Wasser.

165 städtische genutzte Liegenschaften sind betroffen

Sofort nach dem Unwetter wurden insgesamt 27 Gebäude und Freisportanlagen als komplett oder teilweise gesperrt gemeldet. „Am schwersten und immer noch gesperrt sind die Kita Fasanenhof, die Sporthalle des Berufsschulzentrums Schillerstraße und das ruru-Haus. Die Reparaturarbeiten werden die städtischen Beschäftigten leider noch eine ganze Weile on top beschäftigen“, erläutert Stadtbaurat Christof Nolda. Bereits jetzt sei absehbar, dass das Kita Gebäude dieses Jahr nicht mehr genutzt werden kann. „Wir sind der Grundschule Fasanenhof und der Betriebskita Sternchen der Daimler Truck AG, betrieben von Impuls Soziales Management GmbH, von ganzem Herzen dankbar, dass sie für uns in dieser Situation zusammengerückt sind und die Kinder so weiter betreut werden können“, bedankt sich Kinderdezernentin Nicole Maisch. „Uns ist bewusst, dass die Situation für die Kinder, Eltern und das Personal derzeit nicht ideal ist“, so Maisch weiter. „Die städtischen Ämter stimmen sich eng miteinander ab, um die räumliche Situation schnellstmöglich wieder Kita-gerecht herzustellen.  An einer mittelfristigen Lösung werde derzeit gearbeitet“, so Nolda weiter. Das ruru-Haus habe wie berichtet ebenfalls massive Schäden erlitten und kommt für ursprünglich vorgesehene Zwischennutzungen nicht infrage.“ 

Während fast alle anderen Liegenschaften wieder eröffnet werden konnten, müssen zudem bis auf Weiteres geschlossen bleiben:

  • das Verwaltungsgebäude und die Mensa mit Mehrzweckraum der Carl-Schomburg-Schule,
  • die naturwissenschaftlichen Räume des Goethegymnasium I,
  • die Mehrzweckhalle der Elisabeth-Knipping-Schule sowie 
  • die Turnhalle des Goethe-Gymnasium II.

„Aufgrund der Vielzahl der Schadensfälle konnten seitens des Gebäudeversicherers noch nicht alle gemeldeten Hagel- und Sturmschäden durch einen Sachverständigen begutachtet werden“, erläutert der Leiter des Amts für Hochbau und Gebäudebewirtschaftung Axel Jäger. In vielen Liegenschaften sei die Begutachtung durch verschiedene Sachverständige notwendig, etwa für Dach- oder aber Anlagenschäden. Für die abschließende Begutachtung aller Schäden seien sicherlich noch einige Wochen erforderlich.  

„Bis heute steht allein bei den Hagel- und Sturmschäden in 58 Liegenschaften die Begutachtung durch die Sachverständigen des Gebäudeversicherers noch aus. Darunter befinden sich rund 33 Schulen, sieben Kitas, Verwaltungs- und Außenstandorte wie z.B. das Umwelt- und Gartenamt in der Bosestraße, der Bauhof, einige Feuerwehrgebäude und viele Gebäude mehr“, ergänzt Jäger. Bei einem Großteil der Liegenschaften konnte jedoch durch umgehend beauftragte Notmaßnahmen die Nutzung wieder ermöglicht werden. 

Bei den Hagel-, Sturm- und Elementarschäden wurden Statiker, Wasserschaden-Sanierer und Handwerksbetriebe mit den zunächst erforderlichen Beurteilungen und vorbereitenden Maßnahmen beauftragt, bevor eine Sanierung der geschädigten Räume möglich ist. Dazu zählt das Herstellen von Notabdichtungen, das Aufstellen von Trocknungsgeräten, die Entfernung von durchfeuchteten Putzflächen, Bodenbelägen und Unterdecken. 

„Eine belastbare Aussage zu den durch das Unwetter verursachten Kosten als auch zu der Dauer bis zum erfolgreichen Abschluss aller Schadenssanierungen ist derzeit leider noch nicht möglich. Bereits jetzt ist absehbar, dass allein bei den städtischen Gebäuden Schäden in Millionenhöhe entstanden sind und die Sanierung der am schwersten betroffenen Gebäude mindestens bis ins kommende Frühjahr dauern werden. Hinzu kommen Kosten in Höhe von über 250.000 Euro für entstandene Schäden an Bäumen und auf Freiflächen“, so Stadtbaurat Nolda abschließend.

Solche Hagelkörner zerstörten Fensterscheiben und zerbeulten Autos

Das war passiert

Feuerwehr und Rettungskräfte waren in Kassel am 22. Juni ab dem späten Nachmittag im Dauereinsatz gewesen: Peitschender Starkregen, Sturm und Hagel sorgten für einen Ausnahmezustand. Dächer wurden zerstört, Scheiben gingen zu Bruch, Bäume wurden entwurzelt, Keller standen unter Wasser. Die Straßen waren zeitweise so stark überflutet, dass der Verkehr zum Erliegen kam. 

Über 800 Notrufe waren in den ersten beiden Stunden nach Beginn des Unwetters bei der Leitstelle der Feuerwehr eingegangen. Zeitweise waren alle 70 verfügbaren Notrufkanäle gleichzeitig belegt. 400 Einsatzkräfte waren die ganze Nacht unterwegs, darunter die Feuerwehren in Kassel plus Landes- und Stadtpolizei, KVG, Städtische Werke und KASSELWASSER. Zusätzliche Unterstützung kam von den Freiwilligen Feuerwehren aus Grebenstein, Helsa, Lohfelden und Baunatal. Die Helferinnen und Helfer vom Technischen Hilfswerk in Kassel und Wolfhagen wurden ebenso alarmiert. 

In den sozialen Medien - so auch  im städtischen Facebook-Kanal - dokumentierten Videos und Fotos unter anderem das geflutete Untergeschoss eines Einkaufszentrums in der City, reißende Wassermassen auf der Oberen Königsstraße am Rathaus und wie ein Kleinwagen im Philosophenweg weggetrieben wurde. 

Die Wetterdienste hatten tags zuvor vor gefährlichen Unwettern gewarnt, ohne aber präzise ankündigen zu können, welche Region es besonders schwer treffen würde. Über dem Edersee baute sich am heißen Donnerstagmittag  eine sogenannte Superzelle auf, die später Richtung Nordosten zog. Dann schlugen die Handys bei den Menschen in Kassel Alarm. Ersten, noch ungeprüften Rohdaten zufolge fielen innerhalb einer halben Stunde 50 Millimeter Wasser pro Quadratmeter an verschiedenen Messstellen in Kassel. Von einem Jahrhundert-Ereignis spricht man schon bei einer Menge von 45 Millimetern in einer Stunde.