Aufgrund der massiven Reizerfahrung fürchtet sich sogar manch schussfester Hund oder Tiere, die sich bei Gewitter nicht ängstigen. Tierhalterinnen und Tierhalter können Vorkehrungen treffen, damit ihre Tiere gut ins neue Jahr kommen. Amtstierärztin Dr. Regina Emrich vom städtischen Amt Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit rät: „Hunde sollten in bewohnten Gebieten vorübergehend nur angeleint ausgeführt werden, denn verfrühte Kracher könnten sie in panischem Schrecken davonlaufen lassen. Der ausgedehnte Spaziergang kann bereits früh am Tag in der Natur erfolgen. Und Katzen mit Freigang sollten an Silvester unbedingt rechtzeitig im Haus behalten werden“.
Kennzeichnung und Registrierung geben Sicherheit
Tierhaltende sollten unbedingt darauf achten, dass ihr Tier gekennzeichnet und bei einschlägigen Tierregistern wie Tasso e. V. oder FINDEFIX registriert ist. Nur so können Vierbeiner und Halter bzw. Halterin im Fall der Fälle schnell wieder zusammengeführt werden. Laut der städtischen Katzenschutzverordnung dürfen Katzen ohnehin nur Freigang erhalten, wenn sie kastriert, gekennzeichnet und registriert sind.
Am Silvesterabend selbst sollten Türen und Fenster zur Abschottung geschlossen sein, gegebenenfalls können auch Rollos heruntergelassen werden, um den Lärm und das
Blitzgewitter ein wenig zu dämpfen. Idealerweise sollte für Hunde, Katzen, Vögel, Meerschweinchen und andere Kleintiere ein ruhiger Platz in einem straßenabseitigen Raum geschaffen werden. Vogel- und Kleintierkäfige sollten dabei weit vom Fenster entfernt stehen und zusätzlich durch ein großes Tuch abgedeckt werden. Laufendes Radio oder Fernsehen kann als gewohnte Geräuschkulisse unterstützen. Hunde keinesfalls um Mitternacht mit nach Draußen nehmen.
Beruhigungsmittel sollten ausschließlich in Absprache mit der behandelnden Tierärztin und nur besonders ängstlichen Tieren verabreicht werden. Meist reicht es schon, wenn eine vertraute Bezugsperson am Silvesterabend bei den Tieren bleibt und ihnen durch einen unbekümmerten und gelassenen Umgang, Sicherheit vermittelt. Gut gemeinter Trost des Tieres schenkt jedoch Aufmerksamkeit und wirkt ungewollt lobend und somit verstärkend.
Ein Böllern in der Nähe von Tierweiden sollte tabu sein: Bei Rindern, Schafen und v. a. Pferden besteht die Gefahr, dass sie in Panik geraten und ausbrechen oder sich bei Fluchtversuchen schwer verletzen. Weidetiere sollten daher vorsorglich im Stall untergebracht werden.
Bei Fragen zu artgerechter Tierhaltung und der Meldung tierschutzwidrig gehaltener Tiere steht das Amt Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit der Stadt Kassel telefonisch unter 0561/ 787-3336 oder per Email unter veterinaerkasselde zur Verfügung.
Tierquälerei melden
Per Online-Service können Bürgerinnen und Bürger Tierquälerei melden.
Aufgeschreckte Wildtiere verbrauchen lebenswichtige Energie
In einer Stadt wie Kassel reagieren aber nicht nur Haustiere auf Feuerwerk, auch Wildtiere können durch dessen unregelmäßigen Lärm, die grellen Lichteffekte und die Druckwellen gestört werden. Die Tatsache, dass Pyrotechnik im Weinbau, auf Flughäfen oder in der Fischzucht eingesetzt wird, um Vögel gezielt zu vertreiben, belegt die Störwirkung. Zahlreiche Vogelarten sind zusammen mit uns Menschen in der Stadt zuhause und übernachten auch hier.
Die Forschung zeigt, dass zum Beispiel Singvögel im Schutz von Nistkästen, die mindestens 30 m vom nächstgelegenen Feuerwerk entfernt sind, weniger Nachtschlaf finden, ihre aufgeplusterte, wärmende „Kugelform“ aufgeben und dass sich ihr Verhalten in der Silvesternacht bedingt durch die lauten Explosionsereignisse deutlich vom natürlichen Verhalten in ungestörten Nächten unterscheidet. Besonders in kalten Nächten kann dies zu einem kritischen Energieverlust führen. Viele im Freien nächtigende Vögel reagieren auf Feuerwerk mit der Flucht in die Luft, wie u.a. eine Studie an GPS-besenderten Gänsen zeigt. Die von ihrem Schlafplatz oder Schlafgewässer aufgeschreckten Tiere fliegen dabei deutlich höher und weiter als in Nächten ohne Feuerwerk und verbrauchen ebenfalls lebenswichtige Energie. Dadurch, dass die Vögel notgedrungen nach neuen Rastplätzen suchen müssen reduzieren sich die Schlaf-, Ruhe- und Fressphasen. Es kommt auch vor, dass die Vögel die Orientierung verlieren, weil sie z.B. vom dichten Rauch in ihrer Sicht behindert werden und in der Folge mit Hindernissen zusammenstoßen.
Selbst winterschlafende Tiere wie Igel können die lauten Geräusche wahrnehmen, bzw. durch sie geweckt werden und auch Pflanzenfresser wie unser z.B. Rehwild zeigen mitunter eine Fluchtreaktion und verbrauchen dabei ihre Energie- und Fettreserven. Unsere heimischen Wildtiere müssen im Winter mit ihrer Energie haushalten und so viel davon sparen wie möglich. Nur so können sie mit genügend Reserven in das kommende Frühjahr starten und sich erfolgreich fortpflanzen.