Die Hebamme Wiederaufnahme

Vetternwirtschaft und soziale Benachteiligung in einer nordhessischen Stadt spielen in Rolf Hochhuths Komödie von 1971 die Hauptrollen. Den Stoff für seine Satire lieferte damals ein kommunaler Skandal in Kassel. Es ging um das „Lettenlager“ in Bettenhausen, in dem die  Bewohner:innen unter menschenunwürdigen Bedingungen hausten, so dass selbst in Kanada Spenden gesammelt wurden. Die Uraufführung des Stücks u. a. in Kassel sorgte dann tatsächlich für die Beseitigung eben dieses Missstandes.

Wohnungsnot und Inflation, Flucht und Vertreibung, Krieg und Nachkriegszeit, all das sind wieder aktuelle Themen geworden. Rolf Hochhuth, geboren 1931 in Eschwege, galt als Mitbegründer des Dokumentartheaters. Als rigoroser Moralist und Mahner setzte sich Hochhuth wiederholt mit der Zeit des Nationalsozialismus und aktuellen politischen und sozialen Fragen auseinander.

51 Jahre nach der Uraufführung zeigen wir Hochhuths Heldin Sophie, Hebamme und als Parteimitglied der CDU, Vorsitzende des Sozialausschusses, und ihren unbeirrbaren Kampf gegen die Ungerechtigkeit. Sie hat sich geschworen, bis zu ihrer Pensionierung die Barackensiedlung in ihrer Stadt zu beseitigen. Sie spürt die Ohnmacht, zu der jede:r in einem Panoptikum kommunaler Demokratie verdammt ist, und entschließt sich zur Illegalität. Die Papiere einer längst Verstorbenen sind Sophie dabei äußerst hilfreich …

„Die Diplom-Hebamme Sophie ... muß sich vor Gericht verantworten – welche Szene in ihrer umwerfenden Komik lebhaft an Kleists Der Zerbrochne Krug oder Zuckmayers Der Hauptmann von Köpenick erinnert.“ (Gerhard Ebert in Neues Deutschland zur Uraufführung 1972)

Tom Kühnel inszeniert u. a. am Deutschen Theater Berlin und dem Staatsschauspiel Dresden. Zusammen mit der Münchener Musikerin und Performance-Künstlerin Pollyester und unterschiedlichsten Vereinen der Stadt wird Kassel ordentlich was zu lachen haben, denn das Leben ist doch eine riesengroße Show!

In Kooperation mit den Tänzerinnen und Tänzern des Rot-Weiss-Klub Kassel e.V., dem Kinderchor des Wilhelmsgymnasiums Kassel, dem Stadtarchiv Kassel, sowie dem Landesverband der Hessischen Hebammen e.V. Landessprecherinnen Nordhessen, dem Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands e.V. und der Kleine Riesen Nordhessen gGmbH.

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