Die Auftaktveranstaltung zum partizipativen Bildungsleitbildprozess der Stadt Kassel mit Bildungsakteurinnen und -akteuren von der frühkindlichen Bildung bis zur Erwachsenenbildung fand am 28. Juni 2024 in den Räumlichkeiten des Hallenbad Ost in der Leipziger Straße 99 in Kassel statt. Inhaltlich vorbereitet und organisiert wurde sie durch das Team „Bildungskommunen“ in der Abteilung Bildungsmanagement und -planung des Amtes für Schule und Bildung im Dezernat V Jugend, Gesundheit, Bildung und Chancengleichheit der Stadt Kassel. Die Moderation übernahm Irene Fink | Coaching & Facilitation.
Im Rahmen des Bildungsleitbildprozesses liegt der Fokus vor dem Hintergrund zunehmender gesellschaftlicher Herausforderungen, wie dem globalen Klimawandel oder der fortschreitenden Digitalisierung, insbesondere auf Zukunftskompetenzen. Hierfür sollen in der Kasseler Bildungslandschaft gemeinsam Antworten auf folgende Fragen gefunden werden: „Was müssen wir lernen? Was wollen wir lernen? Wie wollen wir lernen? Wo wollen wir lernen?“.
In ihrer Begrüßung betonte Bürgermeisterin und Bildungsdezernentin Nicole Maisch den Nutzen eines Bildungsleitbildes: es ermöglicht eine koordinierte und ganzheitliche Herangehensweise an Bildungsfragen, die über einzelne Schulen oder Bildungseinrichtungen hinausgehen. Bildungsziele können besser aufeinander abgestimmt und langfristige Entwicklungsziele definiert werden. Hierfür braucht es ein gemeinsames Verständnis von Bildung der Zukunft, welches durch den Bildungsleitbildprozess partizipativ erarbeitet wird.
Die Auftaktveranstaltung startete inhaltlich mit dem Vortrag von Prof. Dr. Mandy Singer‐Brodowski, Professorin für Bildung für nachhaltige Entwicklung an der Universität Regensburg. Unter dem Titel: „Offen für Zukunft? Bildung für nachhaltige Entwicklung im Kontext gesellschaftlicher Transformationsprozesse gestalten“ sprach sie über die Bedeutung und Herausforderungen von Nachhaltigkeit in ganzheitlichen Bildungskonzepten. Für den Bildungsleitbildprozess in Kassel gab sie zwei Reisetipps mit: Zum einen gehe es darum anzuerkennen, mit welchen Emotionen Lernende in die Bildungsangebote kommen und deren Unsicherheiten und Ängsten Raum zu geben. Dazu gehöre auch, die Kompetenzen der Multiplikatoren und Multiplikatorinnen für emotionssensible Bildung für nachhaltige Entwicklung zu schulen. Des Weiteren warb sie für eine offene Diskussion über Bildung für nachhaltige Entwicklung und soziale Ungleichheit. Sie plädierte dafür, Nachhaltigkeit nicht durch "einfache" Lösungen zu adressieren, sondern dass demokratische Aushandlungsprozesse und Beteiligungsformate in den Mittelpunkt von Bildung für nachhaltige Entwicklung gestellt werden. Hierzu müssen Bildungseinrichtungen als Orte der demokratischen Kultur etabliert werden. Für die kommunale Gestaltung gilt es, langfristige Kooperationen zu ermöglichen und eine kontinuierliche Vernetzung zu fördern.
Der zweite Vortrag „Von hohen Erwartungen und unerwarteten Erfolgen - Zukunftsbildung aus Perspektive der Bildungslandschaftsforschung“ wurde von Dr. Anika Duveneck, wissenschaftliche Mitarbeiterin der FU Berlin, gehalten. Sie thematisierte insbesondere die Relevanz von kommunalen Bildungslandschaften für eine Modernisierung des deutschen Bildungssystems. Auf Grundlage ihrer Erfahrungen aus der „Lernenden Stadt Gelsenkirchen“ zeigte sie, warum zukunftsfähige Bildung ambitionierte Leitbilder braucht, aber die Beteiligten ihren Erfolg nicht nur an deren Umsetzung messen sollten. Anhand des „Hype Cycle“ erklärte Anika Duveneck, in welchen Phasen der Aufmerksamkeit die Einführung einer Innovation oder auch eines Prozesses verlaufen kann. Die Herausforderung sei, unterschiedliche Systeme, die auf ihren eigenen Logiken beruhen, aufeinander zu beziehen. Denn: auch, wenn alle Beteiligten gemeinsame Ziele verfolgen und inhaltlich nah beieinander liegen, ist die Gestaltung von Zusammenarbeit ein anspruchsvoller aktiver Prozess. Daher gilt es, auch Lern- und Verständnisprozesse in den Blick zu nehmen, die unverzichtbare Voraussetzungen für Zusammenarbeit darstellen. Durch diese Lern- und Verständnisprozesse entstehen „unerwartete“ Erfolge wie informelle Kontakte, Kooperationsanlässe und Schnittstellen.
Im Anschluss konnten die Bildungsakteurinnen und -akteure sich in Form eines Gallery Walks zu ihren Ideen und Impulsen zu den Vorträgen sowie zum Bildungsleitbildprozess austauschen. Hierzu wurden Fragen vorbereitet zur Gesprächsanregung und Auseinandersetzung mit den Vorträgen (unterstützt durch Thesen aus den beiden Vorträgen) und dem Prozess vorbereitet. Die Fragen bezogen sich sowohl auf die Vergangenheit (Was wollen wir hinter uns lassen?) als auch auf die Zukunft (Was wollen wir anders machen?). Hier wurde deutlich, dass der Fokus der Bildungsakteurinnen und -akteure auf Zusammenarbeit, Kooperationen und Synergien als Ziele des Prozesses zu einem Bildungsleitbild liegt.
Die Veranstaltung endete mit einem Ausblick durch die Projektleiterin und Abteilungsleiterin Katja Schöne: Die Auftaktveranstaltung bildet erst den Anfang des Bildungsleitbildprozesses – dieser geht nach den Sommerferien weiter. Ab September 2024 werden Workshops stattfinden, zu denen sich die Bildungsakteure und -akteurinnen anmelden können, um dort gemeinsam an dem Bildungsleitbild in Kassel zu arbeiten. Hierbei wird es vier unterschiedliche Gruppen entlang der Bildungskette geben, diese werden mit Moderation und Graphic Recording von Tanja Föhr und Paula Föhr (Föhr – Agentur für nachhaltige Innovationskulturen) begleitet. Die Ergebnisse der Auftaktveranstaltung fließen in die Gestaltung der Workshops ein.