Jahresbericht 2023
Das Stadtarchiv Kassel sammelt und bewahrt die historische Überlieferung der Stadt Kassel und bildet damit deren historisches Gedächtnis. Räumlich ist es zuständig für die Geschichte der Stadt Kassel mit den eingemeindeten Orten Bettenhausen, Harleshausen, Kirchditmold, Niederzwehren, Nordshausen, Oberzwehren, Rothenditmold, Wahlershausen, Waldau, Wilhelmshöhe, Wehlheiden und Wolfsanger.
Das Kasseler Archiv hat im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Verluste erlitten. Nachdem bereits vermutlich größere Teile der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Überlieferung verloren waren, traf das Stadtarchiv 1943 ein Totalverlust im Bereich der städtischen Überlieferung. Als Folge des Luftangriffs im Oktober 1943 brannte das Archiv im Rathaus völlig aus. Die Reste wurden nach Hof Kapelle bei Marburg bzw. nach Karlshafen in Sicherheit gebracht. Seitdem ist das Stadtarchiv bemüht seine neu aufgebauten Bestände zu schützen und zu erweitern. So ist es unter anderem Mitglied im Notfallverbund Archive Nordhessen.
Durch den Verlust der älteren Bestände 1943 reichen die Bestände des Stadtarchivs nur in wenigen Fällen in die Zeit vor 1943 zurück. Die personengeschichtlichen und sachthematischen Sammelmappen (S1 und S 5) wurden durch später angekaufte Ausschnittsammlungen von Privatpersonen angereichert, so dass darin auch Zeitungsausschnitte aus den 1920er und 1930er Jahren zu finden sind. Außerdem haben auch die Einwohnermeldekarteien eine besondere Bedeutung, da sie bis 1866 zurückreichen und so für zahlreiche Nutzungen eine wichtige Quelle bieten.
Seit Ender der 1960er Jahre befindet sich das Stadtarchiv im ehemaligen Marstall (heute: Markthalle).
Mehr zur Geschichte des Stadtarchivs erfahren Sie hier (Öffnet in einem neuen Tab).
Personal
Im Stadtarchiv arbeiten momentan 11 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dazu kommen Praktikantinnen und Praktikanten und gegebenenfalls Werkvertragsmitarbeiterinnen und Werkvertragsmitarbeiter
Seit 2018 werden im Stadtarchiv Fachangestellte für Medien und Informationsdienste in der Fachrichtung Archiv erfolgreich ausgebildet.
Archivische Kernaufgaben: Bewerten, Übernehmen und Verzeichnen
Zu den Kernaufgaben eines Stadtarchivs gehört die Bewertung und Übernahme von städtischen und privaten Archivgut, um das Verwaltungshandeln und die Geschichte der Stadt dokumentieren zu können.
Die Bestände des Stadtarchivs werden laufend ergänzt. Basierend auf dem Hessischen Archivgesetz in Verbindung zur Archivsatzung der Stadt Kassel wird dabei die verpflichtende Anbietung städtischen Registraturguts geregelt. Das heißt, die städtischen Behörden sind dazu verpflichtet, Unterlagen, deren Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind, zur Archivierung anzubieten.
In 2023 fanden dabei folgende Übernahmen und Bewertungen statt:
Im Bereich der Behördenbestände wurden Unterlagen aus dem Gesundheitsamt, dem Sozialamt, dem Kulturamt, dem Bereich Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit, dem Amt für Vermessung und Geoinformation und dem Straßenverkehrs- und Tiefbauamt übernommen. Insgesamt belief sich die Übernahme auf 21 Bestände, wobei die Monate März und August mit je 5 Übernahmen herausragen. Die größte Übernahme stammt dabei aus dem Bereich des Sozialamtes (u.a. aus den Abteilungen Sozialpsychiatrischer Dienst, Referat für Altenhilfe und Zentrale Fachstelle Wohnen) mit über 400 Akten. Vom Amt Vermessung und Geoinformation wurde u.a. Arbeiten des früheren Stadtbaurates Heinicke übernommen. Aus der Verwaltung des Kulturamts ergänzen ca. 50 Akten die Überlieferung.
In 2023 wurden im Umwelt- und Gartenamt, Hauptamt (Pressestelle), Personal- und Organisationsamt, Kämmerei- und Steuern, Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit, Feuerwehr, Schulverwaltungsamt (Medienzentrum), Jugendamt, dem Bürgermeisterbüro, dem Sozialamt und im Kulturamt Bewertungstermine (inkl. Vorgespräche) durchgeführt. Im Februar und März (4 bzw. 3) fanden dabei die meisten Termine statt.
Ergänzt wird die städtische Überlieferung durch Übernahmen von Unterlagen aus privater Hand (Vereine, Verbände, Privatpersonen u.a.).
In 2023 wurden insgesamt 40 Einzelbestände aus privater Hand übernommen, wobei die Bandbreite groß ist. Zu den Übernahmen zählen z.B.:
Feldpostkarte des Res.-Lazarett Kassel, WK I (1916); ein Fotoalbum UNRAA (Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen) Kassel 1945-1947 mit Bildern aus dem DP-Camp Hasenhecke; 18 Abzüge und 4 Dia aus Kassel ca. 1938-1944, Familie Lohne Fleischerei Oberste Gasse; Fotografien und Zeichnungen ital. Gefangener aus dem Kriegsgefangenenlager Niederzwehren; diverse Unterlagen zur Entwicklung des Kleinsiedlervereins Wartebergsiedlung, Fotografien des Vereins CSK 98 (Casseler Schwimmverein Kurhessen) oder zwei Audiokassetten mit einem Zeitzeugeninterview. Der August mit 6 und der Dezember mit 9 Übernahmen waren dabei die herausragenden Monate.
Als Beispiele für die Übernahmen aus privater Hand sind zu nennen:
B 42: Dem Stadtarchiv wurden von dem Vorsitzenden des ehemaligen Trägervereins des Internationalen Tanzfestivals „Movimento Tanz- und Bewegungsart e.V. Kassel“ Herrn Achim Rache eine umfangreiche Materialsammlung zu dem o.g. Tanzfestival angeboten. Der Bestand beinhaltet sowohl schriftliche Dokumente zur Organisation, als auch Plakate, Programmhefte, Fotos, DVDs zu den verschiedenen Festivals und deren Vorläufern zwischen 1990 bis 2010 sowie zu weiteren Veranstaltungen wie Workshops, Tanzprojekte und Fotoausstellungen in deren Rahmen. Dabei bietet der Bestand eine essentielle Ergänzung der Überlieferung des Stadtarchivs im Bereich der freien (Kultur-)Szene. Kompakt und gut nachvollziehbar kann so nun die Geschichte des Internationalen Tanzfestival Kassels unter der Bestandssignatur B 42 in der Archivdatenbank Arcinsys eingesehen und vor Ort erforscht werden.
B 43: Die Vorsitzenden des nun fusionierten Vereins „Gesellschaft für deutsch-französische Zusammenarbeit e.V. – DFG Cercle francais Kassel“ Frau Florin und Frau Devignon-Tripp übergaben dem Stadtarchiv im August 2023 Unterlagen des Vereins zur Archivierung. Die Gesellschaft wurde 1949 von der Französin Andrée Rozel-Häger gegründet und war damit eine der ersten Vereine zur Förderung der deutsch-französischen Annäherung in Deutschland. 2018 erfolgte die Fusionierung des Vereins mit dem Frankreich Forum Hessen e.V. Inhaltliche Schwerpunkte bilden die Städtepartnerschaft mit Mulhouse, die gebundenen Ausgaben der Vereinszeitschrift Le Lien sowie der Arbeitskreis Deutsch-Französische Gesellschaften in Deutschland, an deren Gründung Frau Rozer-Häger ebenfalls mitgewirkt hat. Der Bestand ist momentan noch in der Bearbeitung.
C 118: Nachlass Rumpf. Letztere Übernahme soll inhaltlich näher erläutert werden:
Der Bestand wurde von der Tochter der Nachlassgeberin dem Stadtarchiv übergeben. Inhaltlich umfasst der Bestand vorrangig Briefe und Postkarten von Ursula Rumpf und ihrem damals noch Verlobten Hermann Rumpf. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Kriegstagebuch von Ursula Rumpf im Original sowie in einer transkribierten und kommentierten Fassung. Darüber hinaus sind auch weitere private Unterlagen wie Fotoalben und Ausweise enthalten. Zeitlich umfasst der Bestand die Jahre 1941-1947. Die Besonderheit des Bestandes ergibt sich daraus, dass der Briefwechsel zwischen Ursula und Hermann in der Zeit seines Militäreinsatzes, u.a. auch an der Front in Osteuropa, entstand und damit einen sehr eindrücklichen Einblick in den Kriegsalltag sowohl an der Front als auch in Kassel, wo Ursula Glebe lebte und arbeitete, bietet.
Diese Übernahmen müssen, ebenso wie der größte Teil der städtischen Übernahmen, noch in ARCINSYS erschlossen werden.
Archivische Kernaufgabe: Erschließung
Unterlagen (Akten, Karten, Pläne, Fotos, Plakate, aber auch digitale Dokumente), die nach einer Bewertungsentscheidung übernommen werden, werden einem weiteren Arbeitsschritt unterzogen: Bei der Erschließung (auch Verzeichnung genannt) werden die übernommenen Unterlagen in der Archivdatenbank Arcinsys (https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/start) verzeichnet. Damit sind die Bestände des Stadtarchivs für historisch Interessierte und Wissenschaft und Forschung recherchier- und zur Einsichtnahme im Lesesaal des Stadtarchivs bestellbar. Näheres zur Recherche erfährt man unter: https://www.kassel.de/buerger/stadtgeschichte/stadtarchiv/bestaende/recherche.php.
In 2023 wurden von den vier Facharchivaren*innen 458 Verzeichnungseinheiten aus den unterschiedlichen Bereichen erschlossen und damit nutzbar gemacht. Parallel dazu wurden weitere 443 Verzeichnungseinheiten, hauptsächliche aus dem Foto- und Kartenbestand, schutzdigitalisiert. Die Fotos des Stadtarchivs wurden dann in die eigene Bilddatenbank eingepflegt. Die Bilddatenbank ist über folgenden Link aufrufbar: https://stadtarchiv.stadt-kassel.de/defaultsa.aspx.
Nutzung und Anfragen
Das Stadtarchiv ist eine Serviceeinrichtung. Dies bedeutet, dass das Stadtarchiv zum einen historische Fragestellung zur Stadtgeschichte, zur Familienforschung oder zu ähnlichen Themenbereichen beantwortet. 2023 wurden in diesem Zusammenhang 1007 Anfragen beantwortet.
Zum anderen können Interessierte nach vorheriger Terminabsprache und Recherche von Unterlagen in ARCINSYS diese zur Einsichtnahme im Lesesaal des Stadtarchivs einsehen. Die Öffnungstages des Lesesaals sind Dienstag bis Donnerstag
In 2023 hatte das Stadtarchiv an den Öffnungstagen des Lesesaals 258 Benutzer. In den Sommermonaten nimmt die Nutzung naturgemäß eher ab, Schwerpunkt war das Frühjahr bis Mai (mit 52 Benutzern*innen) und dann wieder die Monate September und November mit je 28 Benutzer*innen. Für diese wurden insgesamt 2113 Archivalien ausgehoben. Hervorzuheben sind hier die Monate Mai und Juni (239 und 247 Aushebungen) und der September (269 Aushebungen).
Öffentlichkeitsarbeit
Neben den Nutzungen im Lesesaal werden auch die Besucher*innen gezählt, die ein Auskunftsersuchen ohne Lesesaalnutzung, etwa im Rahmen der Familienforschung haben, oder an den Veranstaltungen des Stadtarchivs teilnehmen. In 2023 waren dies insgesamt 639 Besucher*innen, das entspricht einer Durchschnittszahl von ca. 50. Einen kleinen Einbruch gibt es in den Monaten August und September (Ferienzeit). Gegen Ende des Jahres nehmen die Zahlen wieder zu, mit der Höchstzahl im November von 112 Besuchern*innen.
Dies hängt damit zusammen, dass 2023 viele Veranstaltungen im Rahmen „80 Jahre Zerstörung von Kassel“ stattgefunden haben, woran auch das Stadtarchiv beteiligt war. Insgesamt wurden 45 Veranstaltungen durchgeführt. Dazu zählen Vorträge, Führungen, Lesekurse alter Handschriften und Einführungen in die Archivarbeit.
Durch die Kooperationen des Stadtarchivs mit zahlreichen städtischen Akteuren, kann das Stadtarchiv immer wieder Nutzer und Anfragen generieren und bei Forschungsprojekten unterstützen. Kooperationen bestehen mit den städtischen Kultureinrichtungen (Stadtbibliothek, Städtische Museen/ Stadtmuseum, Musikakademie), der VHS, dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., dem Verein Stolpersteine Kassel, dem Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes, dem Archiv der deutschen Frauenbewegung, dem Verein Vikonauten e.V. und der Universität Kassel. Darüber hinaus unterstützt das Stadtarchiv Forschungsprojekte Kasseler Schulen und der Universität Kassel.
Weitere Projekte und Aufgaben
Das Stadtarchiv betreut die Durchführung eines Projektes der Erinnerungsarbeit. Dabei geht es um die Aktualisierung des Gedenkbuchs zum Schicksal der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Das Projekt wird in 2024 fortgeführt.
Außerdem unterstützt es die Verwaltung bei dem Thema der Schriftgutverwaltung. So bot es im Jahr 2023 zwei Fortbildungen zu dem Thema an und referierte einmal vor Führungskräften eines Amtes zu dem Thema. Zusätzlich fanden 7 Beratungsgespräche bei mehreren Abteilungen statt. Das Projekt wird ebenfalls in 2024 fortgeführt.
Jahresbericht 2024
Ohne die Arbeit der Archivarinnen und Archivare, nämlich das Bewahren, Erschließen und Vorbereiten von Archivalien für die öffentliche Nutzung, kann die Geschichte einer Stadt, ihrer Bewohnerinnen und Bewohner, Gebäude, Institutionen und Strukturen nicht erforscht werden. Das Archiv ist ein hochspezialisiertes Gebäude mit klimatisierten Räumen, die eine fachgerechte und vor allem langfristige Lagerung und Bewahrung der Dokumente und Akten ermöglichen.
Woran eine (Stadt-)Gesellschaft sich erinnert und worauf sie sich in ihrer zukünftigen Entwicklung beziehen kann, hängt auch von dem Bewusstsein für die Bedeutsamkeit der historischen Akten ab. Nicht nur die Stadtverwaltung ist dazu angehalten, ihre zentralen Schriftstücke zur Archivierung anzubieten - auch städtische Institutionen, Vereine, kulturelle Einrichtungen und Privatpersonen liefern ihre Dokumente im Stadtarchiv ab und gewährleisten so die Dokumentation eines Stücks Stadtgeschichte.
Einmal im Archiv angelangt, wird das in den wertvollen Schriftstücken beinhaltete Wissen sorgfältig bewahrt. Schließlich sind Auswertung der Quellen und Interpretation der Vergangenheit grundliegende Bausteine des kollektiven Gedächtnisses.
Das Stadtarchiv Kassel
Das Stadtarchiv Kassel sammelt und bewahrt die historische Überlieferung der Stadt Kassel und bildet damit deren historisches Gedächtnis. Räumlich ist es zuständig für die Geschichte der Stadt Kassel mit den eingemeindeten Orten Bettenhausen, Harleshausen, Kirchditmold, Niederzwehren, Nordshausen, Oberzwehren, Rothenditmold, Wahlershausen, Waldau, Wilhelmshöhe, Wehlheiden und Wolfsanger.
Mehr zur Geschichte des Stadtarchivs finden sie hier (Öffnet in einem neuen Tab).
Archivische Kernaufgaben: Bewerten, Übernehmen und Verzeichnen
Zu den Kernaufgaben eines Stadtarchivs gehört die Bewertung und Übernahme von städtischen und privaten Archivgut, um das Verwaltungshandeln und die Geschichte der Stadt dokumentieren zu können.
Die Bestände des Stadtarchivs werden laufend ergänzt. Basierend auf dem Hessischen Archivgesetz in Verbindung mit der Archivsatzung der Stadt Kassel wird dabei die verpflichtende Anbietung städtischen Registraturguts geregelt. Das heißt, die städtischen Behörden sind dazu verpflichtet, Unterlagen, deren Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind, zur Archivierung anzubieten.
Im Bereich der Behördenbestände wurden 2024 unter anderem Unterlagen aus dem Gesundheitsamt (-533- und -5345-), dem Liegenschaftsamt (-23-), dem Kulturamt (-416- und -418-), und dem Bürgeramt (-331-) übernommen. Insgesamt beliefen sich die Übernahmen auf elf Bestände, wobei der Januar mit vier Übernahmen herausragte. Die größte Übernahme stammt dabei aus dem Bereich des Gesundheitsamtes (unter anderem aus den Abteilungen sozialpsychiatrischer Dienst und zahnärztliche Dienste) mit insgesamt 123 Akten.
In 2024 fanden 16 Bewertungstermine von Behördenbeständen, unter anderem im Amt Kämmerei und Steuern (-20-), beim Jugendamt (-51-) und dem Bürgermeisterbüro statt.
Ergänzt wird die städtische Überlieferung durch Übernahmen von Unterlagen aus privater Hand (Vereine, Verbände, Privatpersonen etc.).
Insgesamt wurden 27 Einzelbestände aus privater Hand angeboten und übernommen, womit man deutlich hinter den Übernahmen von 2023 zurückblieb. Die Bandbreite dabei ist aber nach wie vor groß. Zu den Übernahmen zählen zum Beispiel:
- Unitarier Kassel: Aufgrund der 2024 bevorstehenden Auflösung der Gemeinde, wandte sich diese bereits 2023 an das Stadtarchiv, um über Möglichkeiten für die Überlieferung der Gemeinde im Stadtarchiv Kassel zu sprechen. Da die Kasseler Gemeinde eine der ältesten Gemeinden der Unitariergesamtgemeinde darstellt und in den 1960er bis 1980er Jahren auch eine prägende Rolle in dem Gesamtverband einnahm, wurde in den Unterlagen eine eindeutige Archivwürdigkeit gesehen. Übernommen wurden insbesondere die Gemeindeblätter sowie die Gemeindehefte des Gesamtverbandes, da darin über die Kasseler Gemeinde häufig berichtet wurde. Darüber hinaus wurden auch Organisationsunterlagen übernommen, anhand derer die Gestaltung von Feiern und Festen nachvollzogen werden kann. Der Bestand ist unter der Signatur B 45 in Arcinsys erschlossen und recherchierbar.
- Vorlass Thorwald Proll: Thorwald Proll wurde 1941 in Kassel geboren. Nach dem Abitur am Friedrichsgymnasium, begann er ein Studium der Literaturwissenschaften in Marburg. Durch den Wechsel an die Freie Universität Berlin kam Proll mit den dortigen Studentenbewegung, die unter anderem gegen den Vietnamkrieg eintrat, in Berührung. Von den Ideen und Standpunkten überzeugt, schloss er sich der Bewegung an und wurde Teil der Außerparlamentarischen Opposition. Gemeinsam mit Gudrun Ensslin, Andreas Baader und Horst Söhnlein legte er am 2. April 1968 die Brände in den Frankfurter Kaufhäusern. Die Gruppe wollte damit ein Zeichen gegen den Vietnamkrieg und den Konsumterror setzen. Die Brandstifter und Brandstifterinnen wurden gefasst und verurteilt. Thorwald Proll war nach seiner Gefängniszeit als Schriftsteller, Lyriker und Buchhändler tätig. Der Vorlass von Thorwald Proll umfasst mehrere Briefe sowie Zeichnungen, Tagebücher/ Aufzeichnungen aus der Gefängniszeit, Zeitschriften/ Zeitungen, Bücher und Fotos. Die Erschließung des Bestandes ist für 2025 geplant.
Zur Erschließung des Bildbestandes betreibt das Stadtarchiv eine eigene Bilddatenbank (Öffnet in einem neuen Tab). Der Bestand in der Bilddatenbank umfasst mehrere 10.000 Fotos, unter anderem den Fotonachlass der Fotografenfamilie Eberth, Bilder von Ludwig Kessler zum Zweiten Weltkrieg oder Fotos aus dem Kriegsgefangenenlager Niederzwehren von Carl Strauss aus dem Ersten Weltkrieg.
Drei Zugänge in 2024 sind besonders interessant:
- Fotos vom Schlosshotel vor dessen Zerstörung im zweiten Weltkrieg
- ein Fotoalbum der Abrissfirma Kröner
- aus dem Bereich Medien eine Abgabe des Amtes für Kommunikation (-13-), mit Dias, CDs, Kassetten; und der Dokumentation der ersten Versuche eines Internetauftritts in den 1990ern/2000ern.
Diese Übernahmen müssen, ebenso wie der größte Teil der städtischen Übernahmen, noch in Arcinsys erschlossen werden.
Archivische Kernaufgabe: Erschließung
Unterlagen (Akten, Karten, Pläne, Fotos, Plakate aber auch digitale Dokumente), die nach einer Bewertungsentscheidung übernommen werden, werden einem weiteren Arbeitsschritt unterzogen: Bei der Erschließung, auch Verzeichnung genannt, werden die übernommenen Unterlagen in der Archivdatenbank Arcinsys (Öffnet in einem neuen Tab) verzeichnet. Damit sind die Bestände des Stadtarchivs für historisch Interessierte sowie Wissenschaft und Forschung recherchierbar und können zur Einsichtnahme im Lesesaal des Stadtarchivs bestellt werden. Näheres zur Recherche finden Sie hier (Öffnet in einem neuen Tab).
In 2024 wurden von den vier Facharchivaren und Facharchivarinnen 2156 Verzeichnungseinheiten aus den unterschiedlichen Bereichen erschlossen und damit nutzbar gemacht. Parallel dazu wurden weitere 462 Verzeichnungseinheiten, hauptsächliche aus dem Foto- und Kartenbestand schutzdigitalisiert. Die Fotos des Stadtarchivs wurden dann in die eigene Bilddatenbank (Öffnet in einem neuen Tab) eingepflegt.
Nutzung und Anfragen
Das Stadtarchiv ist eine Serviceeinrichtung, die historische Fragestellungen zur Stadtgeschichte, zur Familienforschung oder zu ähnlichen Themenbereichen beantwortet.
2024 wurden in diesem Zusammenhang 1195 Anfragen beantwortet. Interessierte können nach vorheriger Terminabsprache und Recherche von Unterlagen in Arcinsys diese auch im Lesesaal des Stadtarchivs selbst einsehen. die Öffnungstage des Lesesaals sind Dienstag bis Donnerstag.
In 2024 hatte das Stadtarchiv an den Öffnungstagen des Lesesaals 158 Benutzer. In den Sommermonaten nimmt die Nutzung naturgemäß eher ab, Schwerpunk war das Frühjahr bis Mai (mit insgesamt 71 Benutzerinnen und Benutzern) und dann wieder die Monate September bis November mit insgesamt 69 Benutzerinnen und Benutzern. Für diese wurden insgesamt 2762 Archivalien ausgehoben.
Ursache für die hohen Aushebezahlen gerade im Herbst/Winter dürften die damals bevorstehenden Umbaumaßnahmen im Magazinbereich des Stadtarchiv sein. Der Lesesaal ist seit Ende 2024 aus diesem Grund geschlossen, was Auswirkungen auf die Zahlen in 2025 haben wird.
Öffentlichkeitsarbeit
Neben den Nutzungen im Lesesaal werden auch die Besuchenden gezählt, die ein Auskunftsersuchen ohne Lesesaalnutzung, etwa im Rahmen der Familienforschung haben, oder an den Veranstaltungen des Stadtarchivs teilnehmen. In 2024 waren dies insgesamt 606 Besucherinnen und Besucher, das entspricht einer Durchschnittszahl von ca. 50 Personen im Monat. Einen kleinen Einbruch gibt es im August (Ferienzeit). Gegen Ende des Jahres nehmen die Zahlen wieder zu, mit der Höchstzahl im November von 98 Besuchenden.
Insgesamt wurden 41 Veranstaltungen durchgeführt. dazu zählen Vorträge, Führungen, Lesekurse alter Handschriften und Einführungen in die Archivarbeit.
Durch die Kooperationen des Stadtarchivs mit zahlreichen städtischen Akteuren kann das Stadtarchiv immer wieder Nutzungen im Lesesaal und Anfragen generieren, bei Forschungsprojekten unterstützen und damit an das Stadtarchiv herangeführt. Kooperationen bestehen mit den städtischen Kultureinrichtungen (Stadtbibliothek, Städtische Museen/Stadtmuseum, Musikakademie), der VHS, dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., dem Verein Stolpersteine Kassel, dem Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes, dem Archiv der deutschen Frauenbewegung, dem Verein Vikonauten e.V. und der Universität Kassel. Darüber hinaus unterstützt das Stadtarchiv Forschungsprojekte Kasseler Schulen und der Universität Kassel.
Die interne Öffentlichkeitsarbeit, das heißt die Sichtbarmachung des Stadtarchivs innerhalb der Verwaltung, hatte ihren Schwerpunkt im Bereich der Schriftgutberatung. Diese wurde im letzten Jahr aufgrund der Einführung der elektronischen Akte in der Stadtverwaltung deutlich intensiviert.
Das Stadtarchiv ist fest in den Prozess der Einführung der elektronischen Akte eingebunden und nimmt an den verschiedenen Arbeitskreissitzungen aktiv teil. Nach organisatorischen Vorplanungen liefern die Beratungsveranstaltungen im Herbst 2024 richtig an. Zu den drei Fortbildungen im Herbst kamen 87 Personen. Für 2025 ist eine erneute Steigerung zu erwarten.
Weitere Projekte und Aufgaben
Das Gedenkbuchprojekt, welches das Stadtarchiv betreut, wird fortgeführt und soll 2025 abgeschlossen werden. Die anfängliche Projektstelle soll verstetigt werden und sich dann im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Erinnerungskultur widmen.
Seit 2024 betreut das Stadtarchiv darüber hinaus das Projekt zur kritischen Überprüfung nach Personen benannter Straßen. Zu diesem Zweck ist seit September 2024 ein wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Unterstützung der historischen Kommission beim Stadtarchiv angesiedelt.
Ausblick
Die Umbaumaßnahmen im Magazinbereich und die Herrichtung der Büroräume im Erdgeschoss der Markthalle werden für Einschränkungen im Benutzer- und Besucherbetrieb führen. Absehbar ist schon jetzt eine mehrmonatige Sperrung eines Magazins, so dass der Lesesaal nicht genutzt werden kann. Aus diesem Grund können Zugänge ebenfalls für eine bestimmte Zeit nicht angenommen werden. wir hoffen, dass es nicht zu einer weiteren Einschränkung der Kernaufgaben des Stadtarchivs kommen wird, dies kann aber aktuell nicht ausgeschlossen werden.
Statistik
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Stückzahl jährlich 2022 |
Stückzahl jährlich 2023 |
Stückzahl jährlich 2024 |
|
| Verzeichnung von Archivgut | 1949 | 458* |
2156 |
| Digitalisierung von Archivgut | 6188 | 443* | 462* |
| Übernahme von Behördenbeständen | 25 | 21 | 11 |
| Bewertung von Behördenbeständen | 15 | 16 | 16 |
| Übernahme von privaten Archivbeständen | 25 | 40 | 27 |
| Zeitgeschichtliche Sammlung | 1441 | 1623 | 1032 |
| ausgehobenes Archivgut | 1663 | 2113 | 2762 |
| Benutzerinnen und Benutzer im Lesesaal | 176 | 258 |
185 (Schließung ab Ende Nov.) |
| Besucherinnen und Besucher | 440 | 639 | 606 |
| Beantwortung von Anfragen | 942 | 1007 | 1195 |
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Erforschung und Vermittlung der örtlichen Geschichte |
42 | 45 | 41 |
|
Beratung zur Schriftgutverwaltung - Personen (Erfassung seit Jan. 2024) |
- | - | 92 |
| Summe | 12906 | 6663 | 8585 |
*Aufgrund von Personalwechsel fand nur eine teilweise Auswertung statt.