Kasseler Chronik von 1933 bis 1945

1933

31. Januar 
Nachdem am Vortag Reichspräsident Paul von Hindenburg den Führer der Nationalsozialisten, Adolf Hitler, zum Reichskanzler ernannt hat, feiern dies die Kasseler Anhänger mit einem Fackelzug vom Friedrichsplatz zur Stadthalle. Gegendemonstranten werden verprügelt, die Polizei greift nicht ein.

1. März 
Die an die Macht gelangten Nationalsozialisten gehen auch in Kassel radikal und vielfach mit Brachialgewalt gegen Demokraten vor. Die sozialdemokratische Tageszeitung "Kasseler Volksblatt" wird verboten. Einige Tage darauf werden Gewerkschaftshaus und Rathaus von NS-Horden "gestürmt", der Oberbürgermeister abgesetzt und politische Gegner verprügelt und gefoltert.

31.März 
Rechtsanwalt Dr. Max Plaut stirbt an den eine Woche zuvor in den Kellergewölben der Gaststätte „Bürgersäle“ erlittenen Misshandlungen.

1. April 
In Kassel kommt es wie auch andernorts erstmals zu zentral organisierten Boykottmaßnahmen gegen Ladengeschäfte mit jüdischen Inhabern.

27. Mai 
Emil Dittmann gründet einen Buch-, Zeitungs- und Zeitschriften-Großvertrieb.

Im Juni wird das Autohaus Kassel GmbH gegründet. Hauptgesellschafter ist Dr. Ing. e. h. Fritz Opel. Beim 25jährigen Bestehen 1958 arbeiten 250 qualifizierte Fachkräfte und Angestellte in der Firma.

1. August 
Als Voraussetzung für die Zulassung zum Studium wird für männliche Abiturienten die halbjährige Arbeitspflicht eingeführt.

1. September 
Hermann Knauf gründet ein Reklame-Atelier, das sich zu einem renommierten Werbeunternehmen einwickelt. 
Helene Wiedersich und Margarethe Schmidt eröffnen am Königsplatz ein Fachgeschäft für Damenmoden, das nach dem Zweiten Weltkrieg in modernen Verkaufsräumen in der Wilhelmsstraße, Ecke Neue Fahrt, erfolgreich weitergeführt wird.

9. September 
Clemens Overmeyer gründet am Pferdemarkt ein Herrenbekleidungsgeschäft, das sich seit 1947 am Königsplatz zu einem der führenden Modehäuser für Herren entwickelt.

25. September

Helmut Knobloch beginnt mit der Instandsetzung von Auto-Lichtanlagen und entwickelt seinen Betrieb zu einem Spezialunternehmen für Autoelektrik.

Im gleichen Jahr: 
Die Henschel & Sohn AG erhält den Entwicklungsauftrag für ein leicht gepanzertes Kettenfahrzeug. 
Der Kunstflieger und Flugzeugbauer Gerhard Fieseler verlegt seine Sportflugzeugproduktion von Ihringshausen nach Bettenhausen in Hallen der ehemaligen Munitionsfabrik.

1934

1. März 
In der Frankfurter Straße eröffnet Hans Lehn ein Fachgeschäft für Herrenbekleidung. Seit 1936 befindet sich das Herrenausstattungsgeschäft "Der Herr" in der Oberen Königsstraße 30.

5. Mai 
Der Schreiner Hans Reckert eröffnet in der Sandershäuser Straße einen Betrieb, der auch Möbel als "Fertigprodukte" liefert.

4. Juni 
In der Schillerstraße eröffnet Friedrich Schwaab eine Holzhandlung, die sich gut entwickelt.

Im Juli beginnen die Henschel-Werke mit der Produktion von 150 leichten Panzerkampfwagen des Typs I.

19. August 
Nach dem Tod Hindenburgs gehen die Befugnisse des Reichspräsidenten auf den "Führer und Reichskanzler Adolf Hitler" über. Die Volksbefragung dazu ergibt in Kassel 118.837 Ja-Stimmen und 2724 Nein-Stimmen. 
Gerhard Fieseler, der im gleichen Jahr Kunstflugweltmeister wird, erhält Aufträge vom Reichsluftfahrtministerium. Neben Zivilflugzeugen soll die Firma einen Sturzkampfbomber entwickeln. Sein Werk entwickelt sich zum Großbetrieb.

1935

8. März 
Die "Vereinigte Glanzstoff-Fabriken AG Wuppertal-Elberfeld" und die "Deutsche Revisions- und Treuhand AG Berlin" vereinbaren die Gründung eines Unternehmens zur Herstellung von Stapelfaser und die Errichtung eines Werkes in Kassel (Spinnfaser AG).

3. Mai 
Mit dem Erwerb der Gebäude und des Geländes der ehemaligen Munitionsfabrik in Bettenhausen fällt der Startschuss zum Aufbau der Spinnfaser AG (1984 Schließung des Werks; jetzt Industriepark Kassel).

13. Juni 
Das "Freilicht-, Luft- und Schwimmbad" im Stadtteil Wilhelmshöhe wird eingeweiht.

6. bis 7. Juli 
Der erste Reichskriegertag führt nahezu 200 000 Menschen nach Kassel. Im gleichen Monat finden in der neu errichteten Kurhessenhalle die ersten Vieh- und Wollauktionen statt.

1. August 
Direkt gegenüber dem städtischen Schlachthof gründet Georg Siemon mit seiner Ehefrau ein Fachgeschäft für Fleischereibedarf, Gewürze, Kunst- und Naturdärme sowie Maschinen.

28. September 
Das 125jährige Bestehen der Firma Henschel & Sohn wird von der Stadt Kassel durch Überreichen der Silbernen Plakette der Stadt an den Firmenchef Oskar Henschel gewürdigt.

1. Oktober 
Kaufmann Heinrich Löber eröffnet in der Kohlenstraße 67 eine Firma für Werkzeuge und Maschinen.

15. November 
In der Unteren Königsstraße, Ecke Hedwigstraße, eröffnet Karl Wolff ein Geschäft für Strümpfe, Wollwaren und Trikotagen. Im März 1950 bezieht das Strumpfhaus Geschäftsräume in der Oberen Königsstraße 49. 
In diesem Jahr überträgt die Stadt Kassel der Deutschen Städtereklame GmbH die "alleinige Ausnutzung der Reklamemöglichkeiten" auf den 169 Litfaß-Säulen und 31 Tafeln in der Stadt.

1936

1. März 
In der Schlachthofstraße nimmt die Zylinder- und Kurbelwellenschleiferei der Firma Kolben-Seeger ihre Arbeit auf.

1. April 
Eugen Trageser eröffnet mit seiner Ehefrau eine Tuch-, Futterstoff- und Schneidereibedarfsartikelhandlung, die 1955 im Hause Entenanger 14 Geschäftsräume bezieht.

9. Mai 
Mit der Einweihung des "Freiheiter Durchbruchs", einer neuen breiten Verbindungsstraße zwischen Martinsplatz und Altmarkt, ist die in den zwanziger Jahren begonnene Sanierung der Altstadt im wesentlichen abgeschlossen.

1. Juni 
Mit der Eingemeindung der Dörfer Harleshausen, Wolfsanger, Waldau, Niederzwehren, Oberzwehren und Nordshausen bieten sich der Stadt neue Entwicklungsmöglichkeiten. Die Gesamteinwohnerzahl überschreitet damit die 200 000. 
Im Juli wird die Henschel Flugmotoren GmbH (HFM) gegründet, die im Jahr darauf die Produktion von Daimler-Benz-Motoren in Altenbauna aufnimmt.

15. August 
Im Hause Graben 41 richtet Otto Grünenwald ein Geschäft für Hüte und Mützen ein.

14. November 
In der Marktgasse 12 eröffnet Karl Busam ein Herrenbekleidungsgeschäft. 
Die Spinnfaser AG wird im gleichen Jahr zur größten Zellwollefabrik Europas ausgebaut. 1700 Menschen sind hier beschäftigt. 
Die Gerhard-Fieseler-Werke beginnen mit der Produktion des Langsamflugzeugs Fi 156 ("Storch") und fertigen ein Messerschmitt-Jagdflugzeug (Me 109) in Lizenz.

1937

1. April 
Das Landeskrankenhaus auf dem Möncheberg wird von der Stadtverwaltung übernommen und heißt jetzt Stadtkrankenhaus.

3. Mai 
Der von Oskar R. Henschel gestiftete Kindergarten "Karlshorst" auf dem Möncheberg wird eingeweiht.

16. Mai 
Die erste Flasche Coca-Cola wird auf einem zur Abfüllfabrik umgebauten Gutshof an der Quellhofstraße abgefüllt.

22. Mai 
In der Stadthalle treffen sich an diesem Wochenende Briefmarkensammler aus ganz Deutschland zum 43. Deutschen Philatelistentag.

20. Juni 
Die Reichsautobahnstrecke Kassel-Göttingen und die Kasseler Zubringerstraße werden eingeweiht.

17. Dezember 
Die Strecke Kassel-Homberg der Reichsautobahn wird dem Verkehr übergeben. Am gleichen Tag erhält ein Kasseler Verkehrswerbefilm auf der Weltausstellung in Paris eine Goldmedaille.

1938

23. Februar 
Hermann Riede richtet am Söhrebahnhof ein Unternehmen für Straßen- und Tiefbau ein.

11. Mai 
Am Schlieffenplatz wird das neue Wehrkreisdienstgebäude ("Generalkommando" heute Bundessozialgericht) eingeweiht.

7. November 
In den Abendstunden versammeln sich Nazi-Fanatiker in der Unteren Königsstraße, dringen in die Synagoge ein und demolieren Inventar und Gebäude, Vorboten eines deutschlandweiten Pogroms, der sogenannten Reichskristallnacht am 9. November.

12. November 
Wenige Tage nach der sogenannten Reichskristallnacht ergeht eine "Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben". Sie verfügt die Schließung der von Juden betrie- benen Einzelhandelsverkaufsstellen und Handwerksbetriebe bis zum Jahresende. Diese und eine weitere Verordnung führen dazu, dass die noch verbliebenen Juden zur Erwerbslosigkeit verurteilt sind und nur noch von ihrem Kapital, von Renten oder Unterstützungen leben können.

Im gleichen Jahr liefert Henschel & Sohn den ersten in Serie gebauten Panzerkraftwagen an die deutsche Wehrmacht. 
Die Fieseler-Flugzeugwerke, bei denen mittlerweile 5300 Arbeitskräfte beschäftigt sind, werden als "NS-Musterbetrieb" ausgezeichnet.

1939

31. März 
213 852 Menschen leben in Kassel.

3. bis 5. Juni 
Über 200.000 ehemalige Soldaten und Angehörige der Deutschen Wehrmacht kommen nach Kassel, um das militärische Spektakel des "Großdeutschen Reichskriegertags 1939" zu erleben, das von der Reichskriegertag GmbH und dem Kasseler Verkehrsverein organisiert wird.

1. September 
Als in den Morgenstunden bekannt wird, dass Deutschland sich im Krieg befindet, nimmt dies die Kasseler Bevölkerung ruhig, beinahe gelassen hin. Euphorische Kriegsbegeisterung wie im August 1914 gibt es nirgends. Die Opfer und Entbehrungen sind den meisten noch bewusst. Unter welchen verheerenden Auswirkungen Kassel in diesem Krieg leiden wird, ahnt kaum jemand.

2. September 
Verdunkelung wird angeordnet: "Täglich von Einbruch der Dunkelheit bis zum Hellwerden als Dauerzustand". Lebensmittel sind nur noch für den persönlichen Bedarf gegen Vorlage eines Berechtigungsscheines erhältlich. 
Aus den Wirtschaftsbetrieben werden Mitarbeiter zum Kriegsdienst eingezogen, zum Beispiel schon Anfang September bei der Spinnfaser AG 300 Beschäftigte. In einigen Abteilungen wird dort die Arbeitszeit auf 12 Stunden erhöht. 
Die Firma Credé & Co. stellt verstärkt Waggons für die Deutsche Reichsbahn sowie Lkw-Aufbauten für die Wehrmacht her.

12. Oktober 
An die Firma Wegmann & Co. ergeht der Führerbefehl, "unter Zurückstellung von Fertigungsprogrammen für andere Wehrmachtteile, die Reparatur von Panzern der Ostfront vorzunehmen" 
In diesem Jahr hat die Firma Henschel & Sohn 650 Lokomotiven, 2700 mittlere und schwere Lkw und 210 Panzer gefertigt. Sie beginnt mit der Herstellung von elektrischen Oberleitungsbussen.

1940

22. Juni 
Erster Angriff der britischen Royal Air Force auf Kasseler Stadtgebiet. Er gilt dem Flughafen Waldau und richtet geringfügigen Schaden an.

3. August 
Die Junkers Flugzeug- und Motorenwerke AG erwerben Industriegelände in Bettenhausen und errichten ein Zweigwerk zur Herstellung von Zubehörteilen für Flugzeugmotoren. Später werden komplette Flugzeugmotoren in Serie gefertigt.

16. August 
In der Nacht zum 17. August wirft ein britisches Bombengeschwader zwei Bomben ab. Sie treffen die Häuser Gräfestraße 2, 4 und 6. Zwei Menschen kommen um, da sie nicht in den Luftschutzkeller gegangen sind.

Im August sind bei Henschel in Kassel und Altenbauna 300 Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter eingesetzt. Die Zahl der Zwangsarbeiter steigt bis Ende 1944 in Kassel insgesamt auf ungefähr 25 000. Sie werden aus den besetzten Gebieten in Ost und West, aus Polen, Russland, Holland, Frankreich und anderen Ländern, herangeschafft.

1941

3. Juli 
Die 25 000. bei Henschel produzierte Lokomotive hat eine Stromlinienverkleidung. 1945 wird die Stromlinienlok in die Vereinigten Staaten verschifft.

15. August 
In Oberzwehren gründet der Kesselschmied Heinrich Becker einen Werkstattbetrieb, der sich zunächst mit Dampfkessel- und Maschinenreparaturen befaßt. 1946 wird daraus die Firma Becker & Rosenthal.

8. September 
In der Nacht zum 9. September fliegen 73 britische Bomber nach Kassel mit dem Angriffsziel: Industrieanlagen von Henschel & Sohn und Credé & Co. Sie treffen verschiedene Teile des Stadtgebiets, darunter das Museum Fridericianum mit der Landesbibliothek und das Rote Palais. Beide Gebäude mit ihren wertvollen Büchern und Kunstschätzen brennen aus.

9. Dezember 
Etwa 1000 Juden aus Nordhessen (Kinder, Männer und Frauen, einige von ihnen über 70 Jahre alt) werden in das Ghetto Riga abtransportiert. Nur wenige werden überleben.

1942

Mai 
Mitte Mai werden etwa 500 Juden aus Nordhessen von Kassel aus in das Konzentrationslager Majdanek bei Lublin deportiert. Kaum jemand wird überleben.

5. Juni 
Die Fieseler-Werke bekommen vom Reichsluftfahrtministerium den Auftrag, ein "Ferngeschoß in Flugzeugform" zu entwickeln. Die entwickelte Fliegerbombe Fi 103 wird später als V1 sehr bekannt. Im August läuft die Serienproduktion des schweren Panzerkampfwagens "Tiger" bei den Henschel-Werken an. Der Kraftfahrzeugbau wird in diesem Jahr nach Wien verlegt.

7. September 
Ungefähr 1000 Juden aus Nordhessen werden in das Konzentrationslager Theresienstadt abtransportiert. Nur ganz wenige werden überleben.

1943

17. Mai 
Im Laufe des Vormittags erreicht eine Flutwelle ungeheuren Ausmaßes das Stadtgebiet, nachdem es den Briten gelungen ist, durch Abwurf von Spezialminen ein Loch in die Edertalsperre zu sprengen.

28. Juli 
Der erste Angriff der United States Army Air Force (USAAF) auf Kassel gilt einem Betrieb der Rüstungsindustrie, den Fieseler-Flugzeugwerken in Bettenhausen und Waldau. Die Hauptmasse der Bomben fällt jedoch auf die benachbarte Spinnfaser AG und Wohngebiete in Bettenhausen.

30. Juli 
Erneuter Angriff der USAAF auf die Bettenhäuser Industrieviertel.

3. Oktober 
Mit fast 500 Flugzeugen fliegt die Royal Air Force die Stadt an. Fehler bei der Zielmarkierung führen dazu, dass die tödliche Bombenfracht nicht die Altstadt, sondern Teile der Nordstadt, Wolfsanger, Sandershausen und Bettenhausen trifft.

22. Oktober 
Der erneute Angriff der Royal Air Force verfehlt sein Ziel nicht. Ungefähr 10.000 Menschen verlieren an diesem Abend auf schreckliche Weise ihr Leben. Die Innenstadt, und damit auch das Hauptgeschäftsviertel, ist vollständig zerstört. Zerstört oder schwer beschädigt sind sämtliche Industriebetriebe, Versorgungsbetriebe und Verkehrsanlagen.

1944

20. Januar 
In Kassels einziger noch erscheinender Tageszeitung, der "Kurhessischen Landeszeitung", ist zu lesen, dass der Reichspostminister "zur schnellen und richtigen Beförderung" die Postleitzahl eingeführt hat. Kassel gehört zum Postleitgebiet 16.

29. März 
Gerhard Fieseler, Chef der Fieseler-Flugzeugwerke, wird als Betriebsführer abgesetzt, da die vom Militär geforderten Produktionszahlen nicht erreicht werden.

19. April 
Die US-Luftwaffe fliegt mit 213 Bombern einen Angriff auf die wieder instandgesetzten Rüstungswerke Fieseler, Henschel-Flugmotoren und Junkers.

12. Juli 
Die Harleshäuser werden mit einem für Kassel neuen öffentlichen Verkehrsmittel an das Straßenbahnnetz angebunden. Zwischen Harleshausen und Kirchditmold verkehrt erstmals ein elektrischer Oberleitungsbus, kurz O-Bus genannt.

30. Dezember 
Der letzte Luftangriff dieses Jahres gilt dem Verschiebebahnhof Rothenditmold. Der Angriff erfolgt mit Radar durch eine geschlossene Wolkendecke. Dabei wird das gesamte Stadtgebiet getroffen.

Im gleichen Jahr: 
Im Werk Kassel der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke werden unter anderem Zubehörteile für den ersten einsatzfähigen Düsenjäger der Welt, die von Messerschmitt entwickelte Me 262, gefertigt. 
Henschel produziert den schweren Kampfpanzer Tiger II ("Königstiger") in Serie.

1945

1. Januar: Schwerer Luftangriff auf Eisenbahnanlagen und Rüstungsbetriebe. Erstmals fallen etwa 700 Bomben mit Langzeitzünder.

29. Januar 
Der Mitteltrakt des Schlosses Wilhelmshöhe geht nach einem Luftangriff in Flammen auf.

21. März 
Tonnen von Spreng- und Brandbomben gehen auf Kassel nieder. Die Chronisten verzeichnen, dass es der 40. Luftangriff auf Kassel ist. Nach Kriegsende werden sie vermerken, dass es der letzte war.

31. März 
Auf einem Feld in der Nähe des Wilhelmshöher Bahnhofs werden durch ein Kommando der Sicherheitspolizei 78 Menschen ohne Gerichtsverfahren um ihr Leben gebracht. Es sind italienische Zwangsarbeiter, denen vorgeworfen wird, einen am Bahnhof stehenden Wehrmachtszug mit Lebensmitteln geplündert zu haben, obwohl sie lediglich Deutschen gefolgt waren, die den Zug bereits erbrochen und geplündert hatten.

1. April 
Um den US-Truppen den Vormarsch zu erschweren, wird die Fuldabrücke von abziehenden deutschen Einheiten gesprengt. Die Sprengung der Hafenbrücke kann verhindert werden.

2. April 
Bis zum 5. April erobern US-Truppen das gesamte Stadtgebiet, als letztes den Stadtteil Bettenhausen.

7. April 
Die Besatzungsmacht ernennt Stadtverwaltungsdirektor Willi Seidel kommissarisch zum Stadtoberhaupt. Die Stadtverwaltung steht vor großen Problemen: Sicherstellung der Ernährung, Versorgung mit Wasser, Strom, Gas, Wiederaufbau des Verkehrswesens, Unterbringung tausender Obdachloser.

8. April 
Als Ersatz für die gesprengte Fuldabrücke wird ein Fährverkehr zwischen Altstadt und Unterneustadt eingerichtet.

18. April 
Die neue Industrie-, Handels- und Handwerkskammer nimmt ihre Tätigkeit auf.

1. Juni 
In den Trümmern des Grundstücks Moritzstraße 17 richtet Heizungsbaumeister Willi Thiele eine Werkstatt ein; Beginn der Firma Willi Thiele Heizung - Lüftung - Klimatechnik GmbH.

19. Juni 
Auf dem Königsplatz findet erstmals nach dem Krieg wieder ein Wochenmarkt statt.

6. August 
Das Gaswerk nimmt die Gasversorgung wieder auf.

15. August 
Im wenig beschädigten Gebäude der Commerzbank am Königsplatz eröffnen die Brüder Otto und Hugo Lange ein Porzellangeschäft.

7. September 
Orgelbauer Werner Bosch beginnt nach Eintragung in die Handwerksrolle mit dem Aufbau einer Werkstatt.

21. September 
Das erste deutschsprachige Kino wird eröffnet: Die Urania-Tonlichtspiele in der Mönchebergstraße. Das Programm besteht zunächst nur aus Wochenschau und Kurzfilmen.

26. September 
Von der US-Militärregierung lizenziert, erscheint die erste Nummer der Kasseler Tageszeitung "Hessische Nachrichten".

19. Oktober 
Erste Sitzung des Prüfungsausschusses zur Säuberung des Industrie- und Wirtschaftslebens von nationalsozialistischem Einfluss auf Grund des Gesetzes Nr. 8 der Militärregierung.

Im gleichen Jahr: 
Adolf Trillhof eröffnet nach Rückkehr aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft am Struthbachweg einen Großhandel mit Alt- und Abfallstoffen sowie Schrott und Metallen.