Ein Erfahrungsbericht von Antonia Spiegel
Mit vollem Koffer und einer Menge Aufregung startete ich am Samstag, den 4. November 2017 mit dem Zug Richtung Mulhouse. Nach einer 6-stündigen Zugfahrt, mit Umstieg in der schweizerischen Stadt Basel hatte ich Mulhouse erreicht und konnte in ein unvergessliches Abenteuer in Frankreich starten. Und so hieß es für mich: Au Revoir l'Allemagne, Bienvenue à Mulhouse.
Nachdem ich die Fahrt gemeistert hatte, wurde ich am Bahnhof von Mulhouse von Martine Moser, der Chefin der Abteilung für grenzüberschreitende und internationale Zusammenarbeit begrüßt und von ihr in das Resid Hotel gebracht. Anschließend aßen wir gemeinsam in einem französischen Restaurant, sodass ich bereits an meinem ersten Abend in die französische Lebensweise und die Sprache eintauchen konnte und eine meiner Ansprechpartnerinnen, sowie die Stadt näher kennen lernen konnte.
Das Hotel, welches ich für die nächsten zwei Wochen mein Zuhause nannte, liegt sehr zentral in der Mitte des Stadtkerns von Mulhouse, sodass alles sehr gut fußläufig erreichbar ist. Mein kleines Appartement bot alles, was man sich wünschte: Schlafbereich, ein geräumiges Bad und sogar eine kleine Kochnische, sodass keine Wünsche offen blieben.
Doch nun stellte sich mir die Frage, was ist Mulhouse überhaupt? Natürlich hatte ich im Voraus meiner Reise bereits einige Sachen in Erfahrung gebracht. Mulhouse, meine "Heimat auf Zeit" ist eine Stadt im Elsass, im Dreiländereck Frankreich-Schweiz-Deutschland und ist seit über 50 Jahren Kassels Partnerstadt, sodass 2015 das 50-Jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft gefeiert werden konnte.
Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den drei Ländern ist in vielen Bereichen der 113.000 Einwohner-Stadt zu spüren. Doch trotz der Daten und Fakten über Mulhouse nutzte ich den Sonntag, um die Stadt auf eigene Faust zu erkunden. Hierbei konnte ich bereits bei einem Besuch des historischen Museums einiges über die Geschichte der ehemaligen Industriestadt lernen. Weiterhin konnte ich den Stadtkern von Mulhouse bei einem Spaziergang erkunden, umso an Orientierung zu gewinnen, denn mein Plan war es, mich ohne Stadtplan & Co. zurecht zu finden - was auch ohne Probleme funktionierte.
Mit all' diesen Eindrücken und bereits gesammelten Erfahrungen konnte ich am Montag voller Vorfreude in mein Auslandspraktikum in der Stadtverwaltung von Mulhouse starten. Ich wurde herzlich von Martine, Claudia und Cédric, den Mitarbeitern der Abteilung für grenzüberschreitende und internationale Zusammenarbeit, begrüßt und fühlte mich von Beginn an sehr wohl.
Martine, die Chefin der Abteilung, hatte mit ihrem Team ein persönliches Programm für mich ausgearbeitet, sodass ich jeden Tag eine andere Abteilung der Stadtverwaltung von Mulhouse kennen lernen konnte. Hierbei wurden meine Wünsche und Interessen mit einbezogen, sodass ich auch Abteilungen besuchen konnte, die ich bereits in der Kasseler Stadtverwaltung schon kennengelernt hatte und somit Parallelen und Unterschiede erkennen konnte.
So besuchte ich zum Beispiel das Sozialamt der Stadtverwaltung von Mulhouse und die Abteilung der städtebaulichen Entwicklung sowie viele mehr. Die Abteilung der städtebaulichen Entwicklung erweckte besonders mein Interesse, denn hierbei nahm ich an einem "Kongress" in Mulhouse teil, bei dem sich die Städte der Region über ihre Vorgehensweise austauschten. Ziel dieses Austausches ist es, voneinander zu lernen, bspw. wie man die Städte attraktiver machen oder alte Industriegebäude wieder in das Stadtbild integrieren kann. In diesem Rahmen besuchten wir Vorzeigeobjekte, wie die ehemalige Gießerei (La Fonderie), in der sich nun ein Teil der Universität befindet. Weiterhin erhielt ich dadurch Einblicke in geplante Projekte, wie dem Projekt KMØ. Hierbei sollen alte Industriegebäude in Arbeitsbereiche für Start-Up- Unternehmen umgewandelt werden, sowie Bereiche für Veranstaltungen und Ähnliches geschaffen werden.
Neben diesen Einblicken konnte ich ebenfalls in dem Bereich der öffentlichen Transportmittel, dem Straßen- und Schienenausbau, dem Sozialamt, dem Bereich der Jugendarbeit, und vielen weiteren Bereichen Einblicke gewinnen. Daneben lernte ich verschiedene Einrichtungen der Stadtverwaltung kennen, wie den Bibliotheksbus, welcher die Schulen besucht, sowie das Haus BoAt, welches in einem sozialschwachen Viertel errichtet wurde, um dort den jungen Leuten bei der Gestaltung ihrer Zukunft und Ähnlichen behilflich zu sein.
Weiterhin konnte ich an verschiedenen Dienstbesprechungen, Diskussionen und Austauschrunden teilnehmen, was mir einen guten Einblick in die Arbeitsweise der französischen Verwaltung vermittelte. Bei den Besuchen der unterschiedlichen Abteilungen lernte ich die Spannbreite und die verschiedenen Arbeitsfelder der Stadtverwaltung von Mulhouse kennen. Besonders aufgefallen ist mir hierbei, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in allen Bereichen eine sehr große Rolle spielt, was auf die Nähe zu Deutschland und der Schweiz hinweist.
Von Martine, Claudia und Cédric, einem liebevollen Team, habe ich mich super aufgenommen und integriert gefühlt, sodass ich die Zeit und Zusammenarbeit sehr genoss. An manchen Tagen haben wir sogar nach der Arbeit gemeinsame Unternehmungen gemacht. Was ich besonders schön empfand, waren die gemeinsamen Mittagspausen, welche in Frankreich sehr ausgiebig sind. Hierbei konnte ich die Mentalität der Franzosen und vor allem meine Betreuerinnen Martine und Claudia besser kennen lernen. Von den Kollegen habe ich eine Menge Tipps für meine Freizeitgestaltung erhalten. So habe ich die verschiedensten Museen von Mulhouse, wie das Stoffmuseum, das Zug- und Automuseum und die Kunsthalle besichtigt, welche sehr anschaulich dargestellt sind. Weiterhin stellte der Besuch des Zoos ein besonderes Highlight für mich da.
Das Auslandpraktikum und die damit verbundenen Erfahrungen waren eine sehr intensive und tolle Zeit, die ich nicht missen möchte. In den zwei Wochen konnte ich meinen Horizont erweitern und über den Tellerrand der eigenen Stadtverwaltung schauen. Es stellt für mich sowohl eine berufliche als auch persönliche Bereicherung dar. Durch diese intensive Zeit konnte ich über mich hinauswachsen, die Sprache verbessern sowie an Selbstständigkeit gewinnen.
Antonia Spiegel