KISS Interview: Licht und Schatten

Interview im KISS Selbsthilfemagazin 2022

„Das ist manchmal ein Teufelskreis“
Bei Angst und Depression werden häufig anfangs nur die körperlichen Beschwerden behandelt

Bei Angst und Depression werden häufig anfangs nur die körperlichen Beschwerden behandelt

Depressionen und Ängste gehen Hand in Hand mit körperlichen Beschwerden. Sie werden oft als erstes bemerkt, aber nicht unbedingt mit psychischen Problemen in Verbindung gebracht. So war es auch bei Dieter Kühne, der die Selbsthilfegruppe „Licht und Schatten“ seit Mai 2018 leitet. Dort treffen sich Menschen, die Depressionen und Ängste aus eigener Erfahrung kennen.

„Das ist manchmal ein Teufelskreis“, sagt Dieter Kühne, wenn er von Ängsten und Depressionen spricht, die oft nahe beieinander liegen. Er selbst hatte Panikattacken, die mit einer Depression einhergingen. „Ich habe das lange nicht gewusst und einfach immer funktioniert“, erzählt er. Zeitweise erlebte er katastrophale Wochenenden, ging aber am Montag arbeiten, obwohl es ihm nicht gut ging. Ein jahrzehntelanger Kampf.

Körperliche Symptome
Nach einer Darmkrebs-Operation lag das Hauptaugenmerk der Therapie auf der Krebserkrankung, „aber es gab erste Hinweise auf andere Probleme“, sagt Kühne. Danach entwickelte er eine Ess-Störung. Als er 2014 176 kg wog, bekam er wegen seiner Adipositas eine OP. In der begleitenden Psychotherapie wurden seine Probleme mit Angst und Depression deutlicher. Deshalb war er 2015 erstmals in einer psychosomatischen Klinik zur Behandlung.

Er kennt die körperlichen Symptome gut, die mit seinen Panikattacken einhergehen. Hitzewellen, Schweißausbrüche, Herzklopfen und Erschöpfung. Es gab keinen offensichtlichen Grund dafür. Er kennt auch Kopfschmerzen und Schwindel. Tabletten, die ihm der Arzt gab, halfen nicht. Weder er noch der Arzt vermuteten psychische Probleme dahinter. Er weiß von Mitpatienten aus der Klinik, dass sie von Ärzten oft erst einmal Schmerzmittel gegen Kopf- und Rückenschmerzen verschrieben bekamen. Er selbst sagt, dass sein jetziger Hausarzt ihn gut unterstützt. Insgesamt, sagt er, würden die Ärzte heute Depressionen und Ängste stärker wahrnehmen, sich allerdings oft nicht damit auskennen.

Mehr Wertschätzung
Er selbst hat mit einer Psychologin und bei Klinikaufenthalten an sich gearbeitet, um die Ursachen für seine Probleme herauszufinden. „Oft legen unbewusste Sachen den Körper lahm“, sagt er. Er ist stolz darauf, dass es ihm gelungen ist, seine Adipositas in den Griff zu bekommen –nach drei Jahren hat er unter 100 kg erreicht. Im Marienkrankhaus, einem zertifizierten Krankenhaus für Adipositas-Chirurgie, ist er für die Patienten ehrenamtlich aktiv. Ebenso wie in der Selbsthilfegruppe. Was er sich wünscht? Mehr Wertschätzung vom Umfeld und anderen Menschen beim Thema Depression und Angst.

Mehr zur Gruppe finden Sie hier:
 Licht und Schatten–Selbsthilfegruppe gegen Ängste und Depression (Öffnet in einem neuen Tab)