Sportabzeichen für alle im Miteinander

Seit 2018 können auch Menschen mit Behinderung den mehr als hundert Jahre alten Nachweis für sportliche Fitness in Kassel und dem Landkreis ablegen.

„Es gibt für jeden einen Weg, das Sportabzeichen zu machen.“ Darin sind sich Sportkreisvorsitzender Roland Tölle, Dirk Engels vom Kuratorium Aktion für behinderte Menschen (Kuratorium AfbM) und Heike Sokoll, die den Bereich Inklusion beim Sportkreis Region Kassel betreut, einig. Seit 2018 können auch Menschen mit Behinderung den mehr als hundert Jahre alten Nachweis für sportliche Fitness in Kassel und dem Landkreis ablegen.

„Wir haben uns gemeinsam mit dem Landessportbund dafür entschieden, im Jahr 2018 einen Schwerpunkt im Bereich Inklusion zu setzen“, erklärt Tölle, wie es dazu kam. Schnell kamen der Sportkreis und das Kuratorium AfbM zusammen, informierten sich in anderen Kreisen, die das Sportabzeichen für Menschen mit Behinderungen schon länger anbieten und schulten schließlich die Prüfer in Stadt und Landkreis. „Dann haben wir uns Kooperationspartner gesucht, um das Projekt in die Breite zu bringen“, erklärt Sokoll. Mit der SVH Kassel, dem PSV Grün-Weiß Kassel und der WVC Kassel in der Stadt sowie dem TSV Immenhausen und dem TSV Eintracht Naumburg im Landkreis sind bereits fünf Vereine im Boot, die eine gemeinsame Vorbereitung von behinderten und nicht behinderten Menschen auf das Ablegen des Sportabzeichens anbieten. Zudem treffen sich Sportbegeisterte jeden Montag zwischen 17 und 19 Uhr auf der Hessenkampfbahn.

Neben Vereinen haben die Initiatoren auch Behinderten-Werk- und -Wohnstätten und Schulen angesprochen. Gemeinsam hat man erarbeitet, welche Bedürfnisse behinderte Sportler haben und wie man allen gerecht werden kann. „Die Schwellenängste auf beiden Seiten sind groß“, sagt Engels. „Aber durch den persönlichen Kontakt auch schnell abgebaut.“ Die ersten Erfahrungen seien durchweg positiv, berichtet Sokoll. Gern erinnert sie sich an einen besonders schönen Moment im Training bei der SVH. „Gemeinsam mit mehreren Erwachsenen haben wir den Rollstuhl eines querschnittsgelähmten Jungen auf den Sportplatz gehoben, damit er dabei sein kann. Als er sagte, dass er nicht mehr daran geglaubt habe, jemals wieder Sport zu treiben, war das für alle ein sehr emotionaler Moment.“ In ihrer täglichen Arbeit beantwortet Sokoll viele Detail-Fragen: Etwa, ob sehender Sportler, der gemeinsam mit einem Blinden auf einem Tandem sitzt, mit in die Pedale treten darf. „Darf er“, lacht Sokoll, die für jedes Problem eine Lösung findet.

„Das Schöne am neuen Angebot ist das Miteinander. Als sogenannte Buddys bereiten sich behinderte und nicht behinderte Menschen auf das Sportabzeichen vor“, erklärt sie. Davon profitieren beide Seiten. „Nicht behinderte Sportler haben schon berichtet, dass sie das Sportabzeichen in diesem Jahr in Gold statt wie zuvor in Silber oder Bronze abgelegt haben, weil sie sich von den behinderten Partnern besonders motiviert gefühlt haben.“

3000 Sportabzeichen jährlich in Kassel

Das Deutsche Sportabzeichen gibt es bereits seit mehr als 100 Jahren. In Kassel legen jährlich zwischen 2500 und 3000 Menschen die Prüfung in jeweils einer Disziplin aus den vier Bereichen Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Koordination ab. Um das Sportabzeichen zu machen, muss man nicht Mitglied eines Vereins sein. Kinder ab sechs Jahren können mitmachen. Je nach Alter und nun auch Grad der Behinderung gelten unterschiedliche Anforderungen. Für Kinder und Menschen mit Behinderung ist das Ablegen des Sportabzeichens kostenlos. Für alle anderen kostet die Urkunde drei Euro und das Abzeichen einen Euro.

Kuratorium Aktion für behinderte Menschen

Region Kassel e. V.