Couragiert gegen Vorurteile - Wappenring für Esther Haß

„Ihr entschlossener und couragierter Einsatz für das jüdische Leben in unserer Stadt, für Aufklärung und gegenseitiges Verständnis, zum Abbau von Vorurteilen gegen Andersgläubige oder Menschen mit Migrationshintergrund, gegen Hass und Hetze, ist nicht hoch genug zu bewerten.“

Wappenring für Esther Haß

Mit diesen Worten hat Oberbürgermeister Christian Geselle Anfang September im Rathaus die langjährige Vorsitzende der jüdischen Gemeinde und Stadträtin mit der zweithöchsten städtischen Ehrung, dem Wappenring, ausgezeichnet.
Esther Haß war lange Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, der sie seit 40 Jahren angehört und in deren Vorstand sie bis heute aktiv mitarbeitet. Dass der alte Jüdische Friedhof Bettenhausen vor dem Verfall bewahrt wurde, sei wesentlich ihr zu verdanken, sagte Geselle. Schon 1988 habe sie Führungen an diesem Ort angeboten, der ein wichtiges Zeugnis jüdischen Lebens sei. Besonders eng ist der Name von Esther Haß mit der neu aufgebauten und im Jahr 2000 eingeweihten Kasseler Synagoge verbunden, die heute das Symbol für das nach dem Holocaust kaum zu hoffen gewesene neue Aufblühen des Judentums in Kassel steht. Mit ihrer überzeugenden Entschlossenheit und Zielstrebigkeit war Esther Haß maßgeblich am Entstehungsprozess der neuen Glaubensstätte beteiligt, hob Geselle hervor.  

Unzählige Projekte habe sie zudem in der Jüdischen Gemeinde auf den Weg gebracht und begleitet, darunter Ferienspiele für Kinder oder auch Tage der Offenen Tür. Zudem sei es maßgeblich Esther Haß zu verdanken, dass die Gemeinde wieder einen Rabbiner einstellen konnte. Außerdem initiierte sie die Gründung des Franz-Rosenzweig-Lehrhauses, in dem sie regelmäßig Veranstaltungen anbietet.


Kassel sei zutiefst dankbar dafür, dass es wieder ein starkes jüdisches Leben in der Stadt gebe und die Gemeinde einen erheblichen Beitrag dazu geleistet habe, dass viele aus der ehemaligen Sowjetunion gekommene Mitglieder hier eine neue Heimat gefunden hätten. Diese Gemeinde setze sich unter anderem auch für den Dialog der Glaubensgemeinschaften ein. Auch dabei ist Esther Haß seit vielen Jahren besonders engagiert. Ob im Rat der Religionen und dessen Sprecherrat, beim Runden Tisch der Religionen, als Mitglied der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit oder der Deutsch-Israelischen Gesellschaft – überall habe sich Esther Haß dabei als Brückenbauerin eingesetzt. Geselle erinnerte zudem an ihr Wirken als Museumspädagogin. Durch Projekte an der damaligen Gesamthochschule Kassel an Schulen und Museen habe sie viele Menschen näher mit der jüdischen Geschichte, Kultur und Religion vertraut gemacht.

Eintrag ins Goldene Buch der Stadt mit Stadtverordnetenvorsteherin Dr. Martina van den Hövel-Hanemann

"Mazel tov!"

Esther Haß war auch kommunalpolitisch als ehrenamtliches Magistratsmitglied von 2001 bis 2016 aktiv. Ihr Wort habe Gewicht, und dies habe sie in all den Jahren vor allem für ein friedliches Miteinander genutzt. Hierfür stehe auch die Stadt Kassel und mit einer klaren Haltung und einer lebendigen Erinnerungs- und Gedenkkultur. Dass Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland auch 77 Jahre nach dem Ende der Nazi-Herrschaft angefeindet und gar bedroht werden, sei unerträglich, betonte der Oberbürgermeister: „Der Schutz jüdischer Menschen und ihrer Einrichtungen ist und bleibt unsere besondere Verantwortung.“ 

Esther Haß wurde für ihr vielfältiges und besonderes Engagement bereits mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande, mit der Stadtmedaille und Wilhelm-Leuschner-Medaille des Landes Hessen ausgezeichnet. Mit der Verleihung des von der Stadtverordnetenversammlung gestifteten Wappenrings bringe die Stadt Kassel Dank und Anerkennung außergewöhnlichen Verdienste einer herausragenden Persönlichkeit um das Gemeinwohl zum Ausdruck, schloss Geselle seine Laudatio und endet mit den hebräischen Glückwünschen: Mazel tov!